"Grundsätzlich darf die Polizei keine Dienstgeheimnisse aus laufenden Ermittlungen an die Presse weitergeben, sie unterliegt also einer Geheimhaltungspflicht", sagt Presserechtler Lars Jaeschke aus Frankfurt am Main. Alledings sei noch völlig unklar, wer die Presse wie informiert habe. Grundsätzlich liege aber eine Verletzung des Dienstgeheimnisses vor, wenn Beamte Informationen aus polizeiinternen Informationsystemen wie etwa "Hepolis" an außenstehende Dritte weitergeben, wie er gegenüber pro erklärt.
Vor zwei Wochen wurde die damalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche nach dem Missachten einer roten Ampel von einer Polizeistreife kontrolliert. Eine Blutuntersuchung ergab: Die Bischöfin hatte sich mit 1,54 Promille hinters Steuer gesetzt. Fahren mit einer solchen Promillezahl ist nach deutschem Recht eine Straftat.
Landeskirchen-Sprecher Johannes Neukirch teilte laut der HAZ mit: "Die Landeskirche hält die Aufklärung, ob ein rechtswidriges Verhalten bei der Weitergabe personenbezogener Daten vorlag, im öffentlichen Interesse für notwendig." Laut HAZ könnten allerdings auch Dritte vom Vergehen der Ratsvorsitzenden gewusst haben: "Fest steht, dass auch polizeiexterne Personen innerhalb kurzer Zeit von Käßmanns Fehltritt erfuhren oder zumindest Hinweise darauf erhielten. So verließ die Landesbischöfin gegen 24 Uhr das Polizeirevier in der Herschelstraße per Taxi. Nicht auszuschließen ist außerdem, dass Passanten beobachteten, wie Käßmann von der Polizei kontrolliert wurde und anschließend mit in den Streifenwagen steigen musste."
"Presse darf berichten"
Komme ein Geheimnis trotz aller Verschwiegenheit erst einmal in die Medien, liege es an ihnen, wie sie weiter damit verführen, sagt Fachanwalt Jaeschke. Medienvertreter müssten abwägen, ob es im Interesse der Öffentlichkeit liege, von einem Vorfall zu erfahren, oder ob die Rechte einer Person des öffentlichen Lebens wie Käßmann geschützt werden müssten. Im Falle der ehemaligen Bischöfin komme es auf die Berichterstattung im Einzelfall an, beziehungsweise darauf, ob die Art der Berichterstattung über das zulässige Maß hinausgehe und Persönlichkeitsrechte verletze: Privatfahrten der Bischöfin gingen die Öffentlichkeit grundsätzlich zwar nichts an. Andererseits habe sie als Mutter und Theologin eine Vorbildfunktion und zudem eine Institution mit fast 25 Millionen Mitgliedern repräsentiert. "Sie ist eine Frau von öffentlichem Interesse, darüber darf man berichten", so Jaeschkes presserechtliche Einschätzung. (pro)