Der Terrorismus des Islamischen Staates (IS) entsetzt viele Menschen. Nicht nur hier zulande distanzierten sich Vertreter muslimischer Glaubensgruppen von den Machenschaften der Terrorgruppe. In England haben Imame eine Fatwa gegen die Islamisten verfasst, in der sie diese als „ketzerisch und extremistisch“ verurteilten. Auch der Großmufti von Saudi-Arabien, Scheich Abdel Asis bin Abdullah, nannte den Islamischen Staat „extremistisch“ und „nicht Teil des Islam“. Ein Reigen von Distanzierungen durch Muslime.
Auch die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sah sich in der Pflicht, sich zum „Islamischen Staat“ zu äußern. Sie geht noch einen Schritt weiter: Der Islamische Staat solle in der öffentlichen Debatte nicht als „radikal-islamisch“ bezeichnet werden, weil dies Muslime kränken könnte. „Dies ist eine Zuweisung, die die Muslime hier in Deutschland in ihrer Ehre berührt“, ermahnte die konfessionslose Politikerin ihre Zuhörer. Es gilt also, jedwede gedankliche Verbindung zwischen Islamischem Staat und Islam, in welcher Form auch immer, aus den Köpfen zu verbannen.
Was Fahimi vorgebracht hat, ist auf doppelte Weise unklug. Wenn nicht nur das Etikett „islamisch“, sondern auch das Etikett „radikal-islamisch“ vermieden werden soll, hat das nur eines zur Folge: Muslimen ist die Verantwortung genommen, sich mit radikalen Auswüchsen ihrer Religion auseinanderzusetzen. Die Kämpfer des Islamischen Staates tragen aber die Kalaschnikow in der einen und den Koran in der anderen Hand. Ihr Ziel ist die Etablierung eines Kalifats, eines Gottesstaats auf Erden. Klüger, als das zu ignorieren, wäre es zu zeigen, warum genau die Islamisten mit ihrer Auslegung des Korans denn eigentlich falsch liegen sollen.
Unklug sind Fahimis Worte außerdem, weil sie sich als Vertreterin einer politischen Partei geäußert hat. Es mutet nicht nur seltsam an, wenn sich eine SPD-Generalsekretärin dazu berufen fühlt, den Ruf einer Religion zu verteidigen und zu erklären, wer den Koran nun richtig auslegt. Es ist auch falsch, weil dies eine Vermischung von Staat und Religion bedeutet. Die Unterscheidung dieser beiden Größen ist eine Errungenschaft der Moderne. Sie erwuchs auch aus der bitteren Erfahrung mancher radikaler Auswüchse des Christentums – etwa die strafrechtliche Verfolgung von „Ketzerei“ –, die durch die Vermischung von Staat und Religion möglich wurde. Christen mussten sich damit auseinandersetzen. Und rückbesinnen auf ein Wort von Jesus Christus, der in Johannes 18,36 sagt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Die Muslime müssen sich damit auseinandersetzen, dass viele der schlimmsten Gewalttäter unsere Zeit ihre Motivation im Islam finden. Leugnen ist kein erster Schritt zur Besserung. (pro)