Facebook-Klage: Erfindung einer Boulevard-Zeitung?
Eine junge Frau verklagt ihre Eltern, weil diese Kinderfotos der Tochter auf Facebook verbreiteten. Die österreichische Zeitschrift Die ganze Woche hatte den Fall zuerst und exklusiv gemeldet. Andere, auch internationale Medien folgten. Doch der Fall könnte erfunden sein.
Von PRO
Foto: Screenshot pro
Steht in der Kritik, ob eine ihrer Geschichten über eine 18-jährige Frau, die ihre Eltern verklagt hat, richtig ist: die Zeitschrift „Die ganze Woche“
Die Berliner Morgenpost hat die Spur der Geschichte über das 18-jährige Mädchen aus Österreich, das ihre Eltern wegen peinlicher Facebook-Bilder verklagt hat, weiterverfolgt. Ihre Journalisten äußern erhebliche Zweifel an dem Fall, den zuerst die österreichische Zeitschrift Die ganze Woche gemeldet hat. Seit 2009 sollen die Eltern der Klägerin Kinderbilder ihrer Tochter in großem Stil geteilt haben. Die junge Frau soll daraufhin Klage eingereicht haben, weil die Eltern die Bilder nicht löschen wollten. Mehrere Medien wie der Bayerische Rundfunk, das Magazin Stern und die britische Zeitung The Independent haben darüber berichtet und sich auf die österreichische Zeitung als Quelle bezogen.
Laut Recherchen der Berliner Morgenpost wissen weder die zitierte Anwaltskanzlei noch die mutmaßlich zuständige Gerichtssprecherin von dem Fall und kennen ihn nur aus den Medien. Angereichert hatte die österreichische Zeitschrift die Positionen von Vater und Tochter mit deren Zitaten.
Keine Stellungnahme zu bekommen
Kritisch sehen die Redakteure der Berliner Morgenpost auch, dass 2009 noch kaum Menschen dieser Generation bei Facebook aktiv waren und nur vier Prozent der Österreicher überhaupt bei Facebook gewesen seien. Zudem hätten weder der Fotograf der Geschichte noch Herausgeber und Redaktion bisher Stellung zu den Anfragen der Berliner Morgenpost bezogen, die noch auf Rückrufzusagen warte.
Das Magazin Die ganze Woche ist etwa so auflagenstark wie die Illustrierte Bunte in Deutschland mit einer wöchentlichen Verkaufszahl von rund 310.000 Exemplaren. Die Wochenzeitung Die Zeit hatte in einem Artikel über das Blatt 2014 geschrieben, dass dieses von Kennern auch „Geheimorden“ genannt werde, da sehr wenig über das Innenleben und die Redaktion bekannt sei. Die jetzt zitierte Wiener Kanzlei ließ öffentlich verlauten, dass sie dem Blatt gegenüber nur allgemeine rechtliche und „ganz abstrakte“ Fragen zu Fotos auf Facebook beantwortet habe, nicht aber zu einem konkreten Fall.
„Spektakuläre Fälle erreichen uns eigentlich“
Wenn die Familie tatsächlich in Kärnten wohne, sei das Landesgericht Klagenfurt zuständig. Deren Gerichtssprecherin will nicht völlig ausschließen, dass die Klage existiert: „Spektakuläre Fälle erreichen uns aber eigentlich“, zitiert das Online-Portal Der Westen sie. Die Kärntener Kleine Zeitung titelte in ihrem Bericht dazu schon etwas relativierender „Aufregung um angebliche Klage wegen Kinderfotos“.
Für Journalisten zeigt das Beispiel, welche Dynamik ein solch journalistischer Coup haben kann. Eine Quelle berichtet und viele andere Medien greifen dies auf – unter anderem auch wir in unserem gestrigen Kommentar „Mein Bild im Netz – (k)ein Grund zum Klagen“, in dem es um den sorgsamen Umgang mit Fotos im Internet ging. Der Vorfall verdeutlicht, dass Journalisten dazu nicht nur bei Bildern, sondern auch bei den Fakten in der Pflicht sind, egal wie spektakulär das Thema auch sein mag. (pro)
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