Facebook unterdrückt absichtlich konservative Inhalte, behaupten ehemalige Mitarbeiter. Stimmt nicht, sagt das Unternehmen. Fest steht: Allein Facebook bestimmt, welche Nachrichten die Nutzer zu lesen bekommen.
Von PRO
Foto: LPS.1/Wikimedia
Die Einfahrt zur Facebook-Zentrale im kalifornischen Palo Alto: Die technischen Voraussetzungen sind da, um von hier aus Millionen Menschen zu beeinflussen
Der Vorwurf ist gewaltig: Mitarbeiter des sozialen Netzwerks Facebook sollen in der in den USA beliebten Nachrichten-Rubrik „Trending Topics“ absichtlich Artikel mit konservativem Duktus unterdrückt und gleichzeitig Themen aus dem linken Spektrum hochgejubelt haben. Das berichtete der renommierte Blog Gizmodo, spezialisiert auf Technologie und neue Medien. Der Bericht stützt sich auf die Aussagen mehrerer ehemaliger Mitarbeiter von Facebook, die namentlich nicht genannt werden wollten. Beispielsweise seien Berichte über die republikanischen Politiker Mitt Romney und Rand Paul nicht als aktuelle Trends angezeigt worden, obwohl sie große Resonanz erfuhren.
Die „Trending Topics“ sollen anzeigen, welche Themen und Artikel gerade von vielen Nutzern gelesen und diskutiert werden. Das Team dahinter besteht aus einer kleinen Gruppe überwiegend junger Journalisten, die über den Facebook-Algorithmus in Echtzeit beobachten, welche Geschichten im sozialen Netzwerk die Runde machen. Sie entscheiden, welche davon in die Themenliste aufgenommen werden und schreiben einen kurzen Vorschautext dazu. „Je nachdem, wer Dienst hatte, wurden Dinge entweder blockiert oder zu Trends“, wird ein ehemaliger Mitarbeiter zitiert. Er bezeichnet sich selbst als konservativ und erklärte, damit bei Facebook in der Minderheit zu sein. Es seien auch Artikel unterdrückt worden, weil die Kollegen etwas gegen den Präsidentschaftskandidaten Ted Cruz gehabt hätten. Hingegen seien für Facebook-Gründer Marc Zuckerberg wichtige Themen wie die Anti-Rassismus-Bewegung „Black Lives Matter“ auf der Liste von Top-Themen erschienen, obwohl der Algorithmus sie nicht vorgeschlagen habe.
Konzern: „Manipulation ist verboten“
Der für die die Trending Topics zuständige Facebook-Manager Tom Stocky wies die Vorwürfe der Manipulation in einem öffentlichen Posting zurück. Er nehme die Vorwürfe „extrem ernst“, aber: „Wir haben keine Belege dafür gefunden, dass die anonymen Hinweise wahr sind.“ Facebook habe strenge Richtlinien für Neutralität, die es verböten, bestimmte politische Standpunkte oder konservative Quellen zu unterdrücken.
Bereits vor dem Wirbel um den Gizmodo-Bericht spekulierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) darüber, ob Facebook die kommende amerikanische Präsidentschaftswahl manipulieren könne. Jede Woche gebe es für Facebook-Mitarbeiter die Möglichkeit, eine Frage an Zuckerberg zu stellen. Anfang März habe diese gelautet: „Welche Verantwortung hat Facebook, dabei zu helfen, einen Präsidenten Donald Trump zu verhindern?“ Dies lasse auf das Selbstverständnis des Internetgiganten schließen, analysiert die FAZ. Es sei für den Konzern technisch gesehen ein Leichtes, dafür zu sorgen, dass den Nutzern wohlwollende Artikel über Hillary Clinton und keine oder negative über Donald Trump angezeigt würden.
2013 gab Facebook zu, für ein groß angelegtes soziales Experiment eine Woche lang den Nachrichtenfeed von 700.000 Nutzern manipuliert zu haben. Damals sei es dem Konzern darum gegangen, zu erforschen, wie sich positive im Vergleich zu negativen Emotionen im sozialen Netzwerk verbreiten. Nachweisen lässt sich eine solche Manipulation allerdings kaum.
Facebook steuerte bereits die Wahlbeteiligung
Am Tag der amerikanischen Kongresswahl im November 2010 schickten Forscher eine Wahl-Erinnerung an 61 Millionen Facebook-Nutzer. Sie fanden heraus: Die so kontaktierten Nutzer gingen mit einer 0,39 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit zur Stimmabgabe als diejenigen, die keine Nachricht erhalten hatten. In absoluten Zahlen sind dies 340.000 Stimmen – bei der Präsidentschaftswahl 2000 hatte George W. Bush im entscheidenden Staat Florida 537 Stimmen mehr als sein Konkurrent Al Gore. Schon kleine Zahlen können also einen großen Unterschied ausmachen.
Technisch wäre es problemlos möglich, eine solche Wahlerinnerung nur an Facebook-Nutzer zu schicken, die im Netzwerk die Seiten bestimmter Politiker oder politischer Gruppen abonniert haben, um so etwa möglichst viele Unterstützer Hillary Clintons an die Wahlurne zu bringen. Dies allerdings wäre dann relativ einfach nachweisbar.
Die vermeintlichen Enthüllungen von Gizmodo werden in den USA breit diskutiert. Für konservative Medien sind sie ein gefundenes Fressen, um für sich eine Opferrolle zu reklamieren. Doch auch von linker Seite kommt Kritik an Facebook. Der Journalist Glenn Greenwald, ein enger Vertrauter Edward Snowdens, schrieb auf Twitter: „Das ist eine wichtige Erinnerung daran, welche Gefahren drohen, wenn das Silicon Valley die Verbreitung von Inhalten kontrolliert.“ (pro)
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