Experten fordern Verbesserung der Medienkompetenz

Das Internet gewinnt im Leben von Kindern und Jugendlichen immer mehr an Bedeutung. Über 20 Stunden in der Woche verbringen manche von ihnen inzwischen damit, zeigt eine neue britische Studie. Erwachsene wissen oft nicht, womit sich ihre Kinder dort wirklich beschäftigen. Fachleute bemühen sich daher um strengere Jugendschutzbestimmungen und bessere Information der jungen Nutzer und ihrer Eltern.
Von PRO

Viele junge Leute werden heutzutage geradezu online erzogen, schreibt das britische „Institute for Public Policy Research“ (IPPR) auf seiner Webseite. In einer Studie, die vollständig erst im April erscheinen wird, untersuchte das Institut den Umgang mit dem Internet bei Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren. Besonders der Zeitvertreib mit sozialen Netzwerken wie Facebook und SchülerVZ ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Dabei lauern jedoch gerade für junge Leute Gefahren. Viele sind sich zum Beispiel nicht bewusst, dass ihnen die Preisgabe von persönlichen Daten auf Plattformen zum Nachteil werden kann. Die meisten kommen zudem über das Internet früher oder später mit Pornographie, Gewaltdarstellungen oder ähnlich negativen Einflüssen in Berührung. Auch mit dem sogenannte „Cyber-Mobbing“, bei dem Jugendliche von Mitschülern im Internet bloßgestellt werden, machen viele Kinder und Jugendliche eigene Erfahrungen.

Eltern haben keinen Überblick

Vier von fünf Kindern zwischen fünf und 15 Jahren haben zu Hause Zugriff auf das Internet, berichtet das IPPR auf seiner Webseite. Davon geben 40 Prozent der Acht- bis Elfjährigen und über zwei Drittel der Zwölf- bis 15-Jährigen an, es normalerweise ohne Aufsicht der Eltern zu nutzen. Dabei ist der Zugang für Jugendliche beim Surfen zu nicht jugendfreien, gewaltverherrlichenden oder ähnlich schädigenden Inhalten sehr einfach. 57 Prozent der Befragten bis 15 Jahren gaben an, bereits mit Internet-Pornographie konfrontiert worden zu sein, in den meisten Fällen unbeabsichtigt.

Davor bieten auch installierte Blockierer keinen umfassenden Schutz, außerdem wissen oft schon junge Teenager, wie diese aufzuheben sind. Eltern und Lehrern fällt es häufig schwer, den Kindern einen sinnvollen Umgang mit dem Internet zu vermitteln, weil sie sich selbst zu wenig auskennen.

Besserer Jugendschutz notwendig

Anders als Fernsehprogramme unterliegen Internet-Inhalte in Großbritannien keinen bestimmten Regierungsbeschränkungen. Ein Regierungsorgan, das auf potentiell schädliche Inhalte im Internet achtet, hat Großbritannien bisher nicht. Zwar gibt es die britische Medienaufsichtsbehörde „Ofcom“, die unter anderem für Medienbildung und –Aufklärung zuständig ist. „Ofcom“ richtet auch Beschwerden an Unternehmen mit potentiell schädlichen Inhalten, erhielt aber in einem Parlamentsbeschluss von 2003 ausdrücklich nicht die Aufgabe, diese von der Regierung aus zu verhindern.

Kay Withers, Autor der IPPR-Studie, fordert einen umfassenderen Jugendschutz im Internet und auch die Einbindung von Regulierungsbehörden wie „Ofcom“. „Die Regierung muss medienpädagogische Programme für Kinder verbessern und sicherstellen, dass Eltern wissen, wie sie junge Leute unterstützen können, das Internet positiv zu nutzen. Aber noch wichtiger ist, dass Online-Unternehmen mehr Verantwortung für den Inhalt ihrer Seiten nehmen und akzeptables Verhalten fördern müssen“, so Withers.

Sein Bericht empfiehlt allgemeingültige Verhaltens-Richtlinien für Internetportale. Diese Richtlinien sollten von „Ofcom“ anerkannt und allen Nutzern geläufig sein. Außerdem sollten vor allem Betreiber von Internet-Seiten, die einen hohen Zugriff von Jugendlichen haben, der „Internet Watch Foundation“ (IWF) beitreten. Dies ist eine britische Vereinigung zur Bekämpfung von Pornographie und Rassenhass im Internet. Die IWF ist eine anerkannte britische Organisation, die auch mit Polizei, Regierung und verschiedenen Internetanbietern zusammenarbeitet. Sie nimmt Meldungen über kritische Internetinhalte entgegen und informiert den jeweiligen Internetanbieter bei Missbrauch. Dieser kann die Inhalte dann sperren.

Medienkompetenz stärken

Darüber hinaus empfiehlt Withers in seinem Bericht die Herausgabe eines jährlichen Berichts durch „Ofcom“ über die Wirksamkeit der Bekämpfung von schädlichen Internetseiten. Die Behörde sollte die Regierung auf bestehende Lücken aufmerksam machen und eventuell auch ermächtigt werden, Inhalte zu sperren, wenn kein Fortschritt der Betreiber erkennbar ist. Ferner rät der Bericht zu einer umfassenderen Medienbildung durch das staatliche Amt „Department for Children, Schools and Families“ (DCFS), die Eltern und Erziehern Information und Hilfe bieten soll, ihren Kindern einen sinnvollen Umgang mit dem Internet zu vermitteln.

Auch in Deutschland weisen Experten darauf hin, dass die Medienkompetenz unter Jugendlichen noch besser werden müsse. „Das geht nur über stärkere Aufklärung“, zitiert der Nachrichtendienst „Pressetext“ Thomas Günter, Justiziar der Jugendschutzeinrichtung Jugendschutz.net. Aber auch Eltern und Lehrer haben einen hohen Aufklärungsbedarf. „Wir haben zahlreiche Broschüren zur Aufklärung, die vor allem für Eltern und Lehrer gedacht sind, weil auf dieser Ebene noch vielfach starke Unwissenheit herrscht.“, so Günther. (PRO)

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