Rechtzeitig vor dem Beginn einer wichtigen Bischofssynode und vor Beginn des "Jahres des Glaubens" hat das vatikanische Gericht den Prozess zu Ende gebracht. Es waren "weltliche" Richter, alle hochrangige italienische Juristen, die das Urteil gesprochen haben. Dabei hatte der Vatikan Wert gelegt auf eine Trennung von kirchlicher und weltlicher Aufklärung der Affäre. Das Urteil wurde live ins Pressezentrum des Vatikan übertragen.
Paolo Gabriele war angeklagt, weil er Dokumente aus dem Vatikan entwendet und unter anderem an die Medien weitergegeben hatte. Der Vertreter der Anklage, Nicola Picardi, schilderte den 46-jährigen Familienvater als leicht beeinflussbaren Menschen. Gabriele sei vollkommen zurechnungsfähig. Er habe gewusst, was er tat. Gabriele hat zugegeben, von Papieren Kopien erstellt und weitergereicht zu haben. Er habe keine Mittäter gehabt und kein Geld bekommen. Im Oktober hatte der ehemalige Kammerdiener vor Gericht ausgesagt, er habe "aus Unbehagen über Entwicklungen im Vatikan" Kopien von Dokumenten gefertigt und weitergegeben. Vor Gericht berichteten vier Gendarmen, sie hätten "kistenweise Papier" in Gabrieles Wohnung sichergestellt. 1.000 Dokumente davon hätten in Zusammenhang mit der Enthüllungsaffäre gestanden.Gabriele sagte in seinem Schlusswort, er habe aus tiefer Liebe zur Kirche und zum Papst gehandelt: "Ich fühle mich nicht als Dieb." Nach Medienberichten hatte er bereits im Juli den Papst in einem Brief um Verzeihung gebeten.
Möglicherweise wird Gabriele begnadigt: Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte nach der Urteilsverkündung, eine Begnadigung durch Benedikt XVI. sei eine "sehr konkrete und sehr wahrscheinliche Möglichkeit". Der Papst prüfe den Fall. (pro/dpa)