Der ehemalige Brigadegeneral der Bundeswehr Michael Bartscher fand bei einem Einsatz in Afghanistan zu Gott. Das berichtet er in einem Interview der Zeitung „Die Zeit“. „Es passierte bei einem Treffen, an dem Generäle der Nato-Mission und Afghanen teilnahmen“, berichtet Bartscher. Ein afghanischer Soldat habe aus einem Hinterhalt mehr als 60 Schuss auf die versammelte Gruppe gefeuert. Bartschers Oberschenkel sei dabei getroffen worden. Ein amerikanischer General, zu dem Bartscher ein vertrautes Verhältnis gehabt habe, sei ums Leben gekommen. Im Krankenhaus habe er dann realisiert, was eigentlich passiert sei. Erst dort habe er begonnen, zu „reflektieren“, sagte der General, der 2021 aus der Bundeswehr ausschied. Die Frage „Warum er und nicht ich?“ habe ihn bewegt. „Ist da noch jemand, der die Hand über einen hält?“
Zwei weitere einschneidende Erlebnisse hätten Bartschers Leben in den darauffolgenden Monaten geprägt: Zum einen, berichtet der Ex-General, ein Autounfall in Afghanistan und zum Anderen ein schwerer Motorradunfall, bei dem er sich einen Schädelbruch, Hirnblutungen und diverse Knochenbrüche zugezogen habe. Bei beiden Unfällen sei er erneut nur knapp mit dem Leben davongekommen.
„Mir wurde klar: Jemand hat noch etwas vor mit dir“, sagte er gegenüber der „Zeit“ Er sei sich gewiss: „Gott existiert.“ Aus diesem Grund habe er beschlossen, sich weiterhin „für die gute Sache“ einzubringen. Darunter zählt er auch, das Leben zu schützten.
Hoffnung, dass es sich zum Guten entwickelt
Das Leben zu schützen sei auch ein wesentlicher Beitrag eines Soldaten für unsere Gesellschaft, sagt Bartscher. Er selbst habe noch nie einen Widerspruch in dem Gebot „Du sollst nicht töten“ und der Pflicht eines Soldaten gesehen, im Ernstfall die Waffe gegen einen andere Menschen zu richten. Bartscher erklärt: „Man macht das nicht, um jemand einfach zu töten. Man handelt, um andere zu schützen oder sich selbst zu verteidigen.“
Aufgewachsen ist der ehemalige General Bartscher in einem katholischen Elternhaus. Regelmäßige Kirchenbesuche und Mitarbeit in der Jugendgruppe seien eine Selbstverständlichkeit gewesen. Auf die Frage, ob er aufgrund der aktuellen Krisen in der Welt, bete, entgegnet der gläubige General, dass er keine klaren Bitten formuliere, allerdings eine innere Hoffnung in sich trage, dass sich die Dinge zum Guten entwickeln würden.
Bartscher war als Brigadegeneral in leitender und beratender Funktion an verschiedenen Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligt. Im November 2021, nach 45 Dienstjahren, wurde der Träger des „Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Gold“ aus dem Dienst entlassen. Mittlerweile ist der 66-Jährige als externer leitender Forscher am Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel im Bereich Konfliktforschung tätig. Zu seinen Schwerpunktthemen zählen unter anderem Friedens- und Stabilisierungseinsätze der Bundeswehr, sowie Bundeswehr und Gesellschaft.
Von: Christian Biefel