„Evangelisch und evangelikal nicht gegeneinander setzen“

Der Vorsitzende der Evangelischen Allianz in Deutschland (DEA), Michael Diener, hat auf die evangelischen Wurzeln der Allianz hingewiesen. Diener betonte in seinem Vortrag am Freitag während der 117. Allianzkonferenz in Bad Blankenburg, die DEA solle "so evangelisch wie möglich und so evangelikal wie nötig" sein. Dabei dürfe man "das Evangelische und das Evangelikale nicht gegeneinander setzen".
Von PRO

Diener ging dabei von der ursprünglichen Bedeutung der beiden Wörter aus. "Evangelisch" bedeute demnach "der biblischen Botschaft des Evangeliums gemäß". Unter "evangelikal" verstehe man laut dem Theologen Friedhelm Jung besonders fünf Kennzeichen: "absolute Verbindlichkeit der Heiligen Schrift", "Bekehrung und Wiedergeburt", "geistliche Gemeinschaft aller von Herzen an Jesus Christus Glaubenden", "Heiligen des persönlichen Lebens sowie Mission durch Verkündigung des Evangeliums und Diakonie" sowie die "Erwartung der sichtbaren Wiederkunft Jesu Christi und die Hoffnung auf ein ewiges Leben im Reich Gottes". Der Allianzvorsitzende beklagte, dass es neben den eigentlichen Bedeutungen immer auch ein "inoffizielles Wortverständnis" gebe. Manche Menschen verstünden unter "evangelisch" zum Beispiel "liberal" oder "ethisch inakzeptabel" und unter "evangelikal" eher "fundamentalistisch" und "eng".

Daraus entwickelte Diener die wichtigsten Ziele der Evangelischen Allianz. Dazu gehöre der Einsatz für den Lebensschutz und für Gerechtigkeit. Außerdem solle die Allianz erkennbar werden als "Pro-Bewegung": "Wir müssen erst formulieren, wofür wir sind, dann wogegen wir sind", erklärte Diener. Des Weiteren setze sich die Allianz für Religionsfreiheit, die freiheitlich-demokratische Grundordnung und für Gebet im öffentlichen Raum ein. Darüber hinaus solle der Diffamierung der "Evangelikalen" und auch "fundamentalistischen Irrwegen" widersprochen werden. Außerdem wehre die Allianz sich "gegen einen selektiven Umgang mit Gottes Geboten".

Gemeinde in multikulturellen Räumen bauen

Darüber, wie "Gemeinde in multikulturellen Räumen" gebaut werden könne, sprach der Dozent für Missionswissenschaften der Theologischen Hochschule Ewersbach, Johannes Reimer (Ewersbach). "Jeder Fünfte, der heute in Deutschland lebt, hat Migrationshintergrund. Das müsste eigentlich zu einer Missionierungskultur führen, aber das Gegenteil ist der Fall", sagte Reimer in seinem Vortrag am Freitag im Rahmen der Konferenz. Er teilte den "Umgang der Gesellschaft mit den Fremden" in vier Modelle ein. Gemeinden reihten sich oft auch in diesem Umgang ein. Als erste Stufe nannte er: Der Fremde wird ignoriert. Viele der deutschen Gemeinden lebten und täten so, als gebe es keine Fremden. "So kann man nicht evangelisieren", stellte Reimer fest. Eine weitere Form sei die Assimilierung. Der Fremde sei darin zwar angenommen, aber er müsse sich komplett anpassen. Dies führe zu Parallelgesellschaften. In der dritten Richtung, der des Pluralismus, dürfe jeder bleiben, wie er ist. Der Fremde werde als ein Geschenk angesehen, geachtet und ernst genommen. Jedoch führe die Idee des "Bleib du, wie du bist, ich bleib, wie ich bin" auch zu Parallelgesellschaften. Als vierte Form nannte er den "Melting Pot" (etwa "Schmelztigel"). Darin mischen sich Kulturen und Werte zu einer gemeinsamen Kultur.

Reimer wünscht sich einen "integrativen Gemeindebau". Es zahle sich aus, den Menschen als Menschen entgegen zu kommen, und nicht als Ausländer. Evangelisation sei zudem nicht nur verbal. Er rief die Zuhörer dazu auf, Menschen unterschiedlicher Herkunft in den "Sprachen ihrer Herzen" anzusprechen, sie ernst zu nehmen und in ihren Begriffen zu sprechen. "Wir können nicht den Fremden mit unseren eigenen kulturellen Mitteln bekehren, wir müssen ihnen entgegenkommen." Er erinnerte an Paulus, der sagte: "Den Juden bin ich wie ein Jude geworden" (1. Kor. 9,20).

"Es gibt kein Freisein ohne feste Verwurzlung"

Die Gemeindepfarrerin Monika Deitenbeck-Goseberg (Oberrahmede) erklärte in ihrer Predigt am Donnerstag, das Buch der Sprüche sei eine "Lebensgrundlage für Junge und Alte". Ihre Predigt stand unter dem Thema "Weisheit im Umgang mit mir selbst – für wachsendes Gottvertrauen". Grundlage dafür war das Bibelwort Sprüche 3,1-8.

Am Anfang ihrer Predigt führte sie ein Beispiel einer Palme an, auf die ein verbitterter Mensch einen riesigen Stein warf und sie zerstören wollte. Die Palme verwurzelte sich daraufhin so stark im Boden, dass sie Nährstoffe im Boden fand, die die benachbarten Palmen nicht erreichten wollten oder mussten, da sie nicht bedroht waren. So wuchs diese Palme über alle anderen hinaus und hatte die größte Krone. "Es gibt kein Freisein ohne feste Verwurzlung. Wir brauchen Wurzeln", erklärt die Pfarrerin.

Sie zitierte den Bibeltext: "Mein Kind, vergiss nie, was ich dir beigebracht habe." Darin gehe es um den "Wurzelboden". Wenn eine Generation zur nächsten spreche, sei dies "eine Art Generationenvertrag". Zudem müssten die Christen aber auch "dranbleiben", "Durchhaltevermögen" zeigen, denn die Menschen "müssen immer wieder neue Entscheidungen treffen und sich neu verwurzeln". "Wir müssen täglich am Herz Gottes tanken", denn "das ist wichtig für unser Inneres". Aus diesem Grund komme Deitenbeck-Goseberg "zu solchen Orten für unser Inneres wie Bad Blankenburg". Das Herz "betanken" gehe durch Bibel lesen, beten oder schöne Gottesdienste, die abwechslungsreich gestaltet sind.

Überdies rief die Pfarrerin der Konferenzteilnehmer auf, "morgens erst einmal den Tag im Gebet zu beginnen". Es sei wichtig, "vor Gott die Begegnungen zu nennen, von denen ich bereits weiß und auch die, von denen ich noch nicht weiß, damit wir schon einmal mit Gott durch unseren Tag gegangen sind".

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