Europa muss helfen!

Der Journalist und Wissenschaftler Hamed Abdel-Samad war persönlich vor Ort, als in Ägypten die Menschen auf den Tahrir-Platz gingen und das Regime zu Fall brachten. In seinem neuen Buch untersucht er die Ursprünge des "Arabischen Frühlings" und bewertet die aktuelle Lage.
Von PRO

Wie genau das Jahr 2011 von zukünftigen Historikern eingeschätzt werden wird, ist noch nicht absehbar. Fest steht aber schon jetzt, dass ihm einige historische Bedeutung zukommt: Die USA kämpfen um ihr wirtschaftliches Überleben, in Deutschland wird nach der Katastrophe in Japan die Energiewende eingeleitet, die EU steht am politischen Scheideweg.

War da noch was?

Ach ja, der "Arabische Frühling". Niemand hat damit gerechnet, dass in der arabischen Welt die Menschen auf die Straßen gehen würden, um für Menschenwürde, Demokratie und Freiheit zu protestierten – Werte, für die bislang nur der Westen einzutreten schien. Inzwischen ist die Euphoriewelle der Protestbewegungen etwas abgeflaut. Dies gibt aber die Möglichkeit, darüber nachzudenken, woher diese Protestbewegung kam, wohin sie führen wird und welche Rolle der Westen dabei spielen soll. Diese drei Themen behandelt Hamed Abdel-Samad in seinem Buch ”Krieg oder Frieden“.

Der Autor, der in Ägypten aufgewachsen ist und nun in Deutschland lebt, war in Kairo, als dort die Menschen auf die Straße gingen, und beteiligte sich aktiv an den Protesten seiner Landsleute. Den dramatischen Szenen, die sich in der Umgebung des Tahrir-Platzes abspielten, widmet er ein ganzes Kapitel. Der Leser bekommt so Aufschluss über die Dynamik der Protestbewegung Ende Januar / Anfang Februar 2011.

Vor allem stellt das Buch aber die Frage, wie es überhaupt zu der überraschenden Bewegung gekommen ist. Hierfür liefert Abdel-Samad eine Reihe von relevanten Hintergrundinformationen. Der Leser erfährt etwas über den historischen Werdegang der arabischen Welt, die Rolle der Medien und die Rolle der einzelnen Bevölkerungsgruppen, die in der Revolution entscheidend mitgewirkt haben.

Besonders dieser analytische Teil ist eine Stärke des Buches. Er richtet sich an Leser, die sich einen Überblick über die gesellschaftliche Situation der arabischen Welt verschaffen und die Hintergründe der Protestbewegung verstehen wollen. Hier imponiert der Autor mit einem klaren Sprachstil, präzisen Beobachtungen und fundierten Informationen.

Zugleich verbindet Hamed Abdel-Samad seine Beschreibung mit einer Warnung: Die Revolution in der arabischen Welt ist alles andere als in trockenen Tüchern. Die schwierige Phase beginnt jetzt erst. Denn nun wird sich entscheiden, ob die Bewegung dazu führt, dass demokratische Staaten in Nordafrika entstehen oder ob sich neue Diktaturen etablieren können.

Insbesondere die Europäer nimmt der Autor hierbei in die Pflicht: Sie müssen alles dafür tun, damit die Staaten wirtschaftlich auf die Beine kommen und so das wirtschaftliche Gefälle zwischen Europa und Nordafrika dauerhaft abgebaut wird. Das Buch bietet auch einige konkrete Vorschläge für die Kooperation in verschiedenen Gebieten wie Bildung oder erneuerbare Energien. (pro)

Hamed Abdel-Samad: "Krieg oder Frieden. Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens"
Droemer Verlag
240 Seiten, 18 Euro
ISBN 978-3426275580

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