Der maltesische Politiker Tonio Borg soll Nachfolger seines Landsmannes John Dalli als EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz werden. Jetzt sieht der Katholik sich schweren Korruptionsvorfwürfen ausgesetzt, seine Kritiker wollen verhindern, dass er Kommissar wird. Einige konservative Organisationen vermuten einen anderen Grund für die Anschuldigungen: Borgs konservative Einstellung zu Homosexualität, Abtreibung und Ehe-Scheidung.
Von PRO
Foto: European External Action Service – EEAS / flickr (CC-BY-NC-ND 2.0)
Konkret geht es bei den Vorwürfen um den Kasachen Rachat Alijew, der in Malta eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hatte, obwohl die Polizei davon abgeraten hatte, heißt es in einem Artikel des europäischen Nachrichtenportals "euractiv". Alijew, ehemaliger Botschafter in Österreich, soll für die Aufenthaltsgenehmigung 150.000 Euro an einen Anwalt bezahlt haben. Ob Borg damit etwas zu tun gehabt hatte, ist unklar. Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments, hatte sich bei Tonio Borg nach dem Fall erkundigt. "Alijew ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und ist, soweit ich weiß, ein Bürger der Europäischen Union", zitiert "euractiv" den Politiker. "Borg teilte mir mit, dass Malta den Fall nach europäischem Recht behandelt, falls Österreich einen Haftbefehl gegen Herrn Alijew ausstellt."
Die "Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa" (FAFCE) spricht in einer Informationsnotiz, die pro vorliegt, von einer "aggressiven Rufmord-Kampagne". Nach Meinung der Nichtregierungsorganisation stecken "Homosexuellen-, Atheisten- und Abtreibungsorganisationen" dahinter, "um den Kandidaten bereits vor seiner Anhörung aufgrund seiner persönlichen Haltung in allgemeinen Fragen der Sozialethik zu diskreditieren".
FAFCE scheint damit nicht ganz falsch zu liegen. Einige Lobby-Gruppen aus dem von FAFCE genannten Bereichen erklärten: "Tonio Borgs Sichtweise auf Abtreibung, Homosexualität und Scheidung sind erzkonservativ und überholt. Wenn das auch nicht notwendigerweise EU-Themen betrifft, sieht er seine starken Meinungen als ‚Gewissensfrage‘, was ihn daran hindern würde, ein objektiver Kommissar zu sein – besonders im Portfolio des Gesundheitswesens", heißt es in einem Papier, das verschiedene Lobby-Organisationen veröffentlicht hatten: Die LGBT- Gruppe, die sich im EU-Parlament für Homo-, Bi- und Transsexuelle einsetzt, außerdem die "International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association" (ILGA), die Abtreibungsorganisation "International Planned Parenthood Federation" (IPPF), die "Stop AIDS Alliance" und die "European AIDS Treatment Group" (EATG).
Die "European Humanist Federation" erklärte: "Wir glauben, dass diese Kandidatur klar schädlich für Europa ist, was die Qualität der Gesundheitssysteme angeht, die diese Millionen von europäischen Bürgern genießen."
FAFCE kritisiert, dass diese Argumente keine Kandidatur verhindern dürften, da es sich nicht um EU-Kompetenzen handle: "Die persönlichen Meinungen eines Kandidaten zu Homo-Ehe und Abtreibung sind für seine Eignung als EU-Kommissar irrelevant. Die Institutionen der EU haben keinerlei Zuständigkeit, die Familie zu definieren, bzw. Abtreibung zu erlauben oder zu verbieten. Die Definition der Familie oder die nationalstaatlichen Regelungen zur Abtreibung, Familienrecht und Strafrecht fallen in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten."
Das EU-Parlament muss zustimmen, bevor Borg Kommissar werden kann. Am Dienstag von 15 bis 18 Uhr wird es eine Anhörung vor dem EU-Parlament geben, wo Borg die Möglichkeit bekommt, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Der bisherige Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, John Dalli, war aufgrund von Korruptionsvorwürfen zurückgetreten. Wie "deutschlandradio.de" berichtet, habe ein maltesischer Geschäftsmann behauptet, "mit Geld Einfluss auf den Kommissar und die neue Tabakrichtlinie der EU nehmen" zu können. Es ging dabei um ein EU-weites Handelsverbot für den Lutschtabak "Snus" des schwedischen Tabakkonzerns "Swedish Match". Dalli bestritt die Vorwürfe und kritisierte die Umstände seines Rücktritts. Er habe nicht einmal 24 Stunden Zeit gehabt, um seine Anwälte und seine Familie zu informieren. "Mir wurden nur 30 Minuten gegeben", sagte Dalli laut der Zeitung "Malta Today". (pro)
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