Ethikrat-Vorsitzender: „Frage nach der Zeugung ist nicht primär“

Babys im Labor aus menschlichen Hautzellen zeugen: Das scheint keine Utopie mehr zu sein, wie jüngste Experimente japanischer Forscher zeigen. Das wirft ethische Fragen auf. Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Peter Dabrock hält sich in einem Interview mit Kritik daran jedoch zurück.
Von PRO
Der Theologe Peter Dabrock ist seit April dieses Jahres Vorsitzender des Deutschen Ethikrats

Ein Kind entsteht, wenn eine Ei- und eine Samenzelle – also die Keimzellen des Lebens – miteinander verschmelzen. Diese könnten sich in Zukunft im Labor auch künstlich herstellen lassen – etwa aus Hautzellen. Das war bisher noch nicht möglich. Japanische Wissenschaftler gaben vor gut zwei Wochen in einem Fachmagazin bekannt, dass es ihnen gelungen sei, aus Hautzellen von Mäusen Eizellen herzustellen. Diese befruchteten die Forscher künstlich und pflanzten sie anderen Mäusen ein. Auf künstlichem Wege fruchtbare Keimzellen zu züchten, aus denen Nachkommen entstehen, ist ein neuer Schritt in der Reproduktionsmedizin. Und er wirft ethische Fragen auf. Denn wenn die Methode beim Menschen funktioniert, könnten etwa homosexuelle oder betagte Paare Kinder zeugen – oder Menschen ohne Partner auch mit sich selbst.
In der Süddeutschen Zeitung hat sich der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, der evangelische Theologe Peter Dabrock, dazu in einem Interview geäußert. Mit Kritik an der reproduktionsmedizinischen Methode hielt er sich zurück. Für ihn sei nicht die Frage primär, wie ein Mensch gezeugt werde. Er sagte auf die Frage, wie viel Raum angesichts künstlicher Eizellen seiner Vorstellung nach bei der Zeugung noch für Gott bleibe: „Meine These ist, dass Gott wenn, dann als Inbegriff der Liebe anwesend ist, wenn zwei Menschen versuchen, bedingungslos zueinander zu stehen und diese Liebe an ein Kind weitergeben wollen. Über die Art und Weise, auf die diese Liebe dann zur Zeugung des Kindes führt, muss man nicht an erster Stelle nachdenken.“

„Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnen“

Dabrock hob als zentrales moralisches Kriterium die Bereitschaft und Fähigkeit hervor, aus Liebe Verantwortung für ein Kind zu übernehmen. Der Weg der Entstehung des Kindes sei seiner Ansicht dann nicht die erstrangige Frage. Der Theologe, der an der Universität Erlangen-Nürnberg lehrt, plädierte für eine größere Offenheit gegenüber Familienkonstellationen, die vom tradierten Modell abweichen. „Die größere Vielfalt dessen, was Familie sein kann, findet meines Erachtens ihre ethische Legitimation darin, dass Menschen dauerhaft und verbindlich Verantwortung füreinander übernehmen.“ Dies sei in der Ehe institutionalisiert, die Dabrock gern für gleichgeschlechtliche Paare und andere Konstellationen geöffnet sähe.
Diese Offenheit für Familienformen müsse sich daran orientieren, ob jemand dazu fähig ist, Fürsorge zu leisten. Kritisch sieht Dabrock etwa, wenn Senioren mittels künstlicher Befruchtung noch Kinder zeugen. Grundsätzliche Bedenken gegen die neuen Methoden der Reproduktionsmedizin hat der Theologe aber nicht. „Ob es einem passt oder nicht, man muss doch erst einmal zur Kenntnis nehmen, wenn Menschen, die nicht so einfach ein Kind bekommen können, dennoch eine solche Verantwortung übernehmen möchten, und zwar mit genetisch eigenen Kindern.“ Er selbst halte sich darin zurück, als Außenstehender moralisch oder rechtlich über Paare zu urteilen, die abgewogen und sich für eine künstliche Zeugung entschieden haben. (pro)Huber: Kein Eingriff in menschliche Keimbahn (pro)
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