Das christliche Menschenbild ermutige zur Freiheit jedes Menschen und bilde grundlegende Voraussetzung für den Wohlstand eines Landes. Das schreibt der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, in einem aktuellen Beitrag zum Thema "Was ist heute Konservativ?" für die "Financial Times Deutschland".
Von PRO
Foto: Erzbischöfliches Ordinariat München (Wolfgang Roucka)
"Konservative dürfen nicht stur an alten Mustern und Denkweisen festhalten. Vielmehr müssen sie eine Politik formulieren, die mehr Gerechtigkeit ermöglicht – auf Basis eines alten Leitgedankens: des christlichen Menschenbilds." Das schreibt Marx für die "Financial Times Deutschland", die den Text auf ihrer Webseite veröffentlicht hat.
Das Motto "Wohlstand für alle", das der CDU-Politiker und damalige Wirtschaftsminister Ludwig Erhard 1957 formulierte, sei das politische Leitmotiv der Bundesrepublik gewesen. Die Idee der sozialen Marktwirtschaft habe für eine bislang beispiellose Erfolgsgeschichte gesorgt. "Heute stellen wir fest, dass der Fahrstuhl für manche Gruppen der Gesellschaft immer noch nach oben fährt, andere aber müssen schon auf den unteren Etagen aussteigen, manche steigen überhaupt nicht erst ein", so Marx. Es nehme eine Ungleichheit zu, die von vielen als Ungerechtigkeit empfunden werde.
"Zugleich wächst in einer beschleunigten, komplexer werdenden Welt die Verunsicherung und die Angst vieler Menschen vor einem wirtschaftlichen und sozialen Abstieg." Die Finanzkrise habe gezeigt, dass "ordnungspolitische Leitplanken" weitgehend fehlten. "Und wer garantiert die weltweite Einhaltung der Menschenrechte?"
Marx plädiert daher für eine "neue Fortschrittsidee" und fügt hinzu: "Auf der Suche nach einer solchen neuen humanistischen Synthese eröffnet der Blick auf die christlichen Wurzeln unseres Gemeinwesens eine klare Perspektive. Im Zentrum des christlichen Menschenbilds steht die Gottebenbildlichkeit. Als Geschöpf ist jeder Mensch mit der gleichen unantastbaren Würde ausgestattet – und mit dem freien Willen."
Die Prinzipien der Personalität und der Freiheit seien "Herzstücke der katholischen Soziallehre", fügt der derzeit jüngste Kardinal des Kardinalskollegiums hinzu. "Die Verantwortungslosigkeit im Handeln vieler Einzelner und die fehlende strukturelle Absicherung von Verantwortung waren mit Auslöser der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise - die zur Diskreditierung des Freiheitsbegriffs beigetragen hat, weil er überwiegend ökonomisch besetzt war."
"Moralisches Handeln lernen wir in der Familie"
Dem stellt Marx den christlichen Glauben entgegen, der "als Ermutigung zur Freiheit, ja als geistige Zukunftskraft für nachhaltige gesellschaftliche Innovation" zu begreifen sei. "Das Ziel ist nicht weniger als eine gesellschaftliche Erneuerung aus dem christlichen Weltbild heraus."
Zur Bildung gehöre wesentlich auch "die Entwicklung von Werten und die Herstellung von Sinnbezügen". Marx weiter: "Moralisches Handeln lernen wir aber nicht, indem wir darüber reden, sondern indem wir es in Gemeinschaften erleben und so das aneignen, was uns lebensdienlich erscheint. Der erste Ort, an dem soziales Leben gelernt wird, ist die Familie. Hier erfahren Kinder elterliche Liebe, Fürsorge und Betreuung, hier werden Werthaltung und Einstellungen ausgeprägt."
Das Leitwort "Chancen für alle" sei zentrales Anliegen der kirchlichen Soziallehre. "Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder wird gebraucht", so habe es Papst Benedikt XVI. formuliert. Der Kardinal schriebt: "Um mündige Entscheidungen treffen zu können, um ihr Leben selbst in die Hand nehmen zu können, brauchen Menschen ein stabiles Fundament aus kognitiven und emotionalen Fähigkeiten, Werten und Sinnbezügen."
Ein gewisses Maß an Ungleichheit ergebe sich logisch aus den unterschiedlichen Fähigkeiten und Potenzialen der Menschen. "Aus christlicher Sicht steht daher im Mittelpunkt, jedem Einzelnen Chancen zu seiner persönlichen Freiheitsentfaltung zu eröffnen, zur Teilhabe, zum sozialen Aufstieg und zum Wohlstand." (pro)
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