Prostitution dürfe nicht mehr als Normalität akzeptiert werden, sondern müsse klar als Ausbeutung benannt werden. Eine Gesellschaft, die Prostitution als „normale Erwerbsarbeit“ wahrnehme, „verrät das Ideal der Menschenwürde“. Das teilte der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, anlässlich der Eröffnung der Pfingstaktion 2025 des katholischen Osteuropa-Hilfswerks „Renovabis“ mit. Die Aktion steht in diesem Jahr unter dem Motto „Voll der Würde“ und widmet sich unter anderem der Ausbeutung von Frauen durch Menschenhandel.
In seinem Grußwort zur Podiumsdiskussion mit dem Thema „Die Würde der Frau ist (un)antastbar!?“ am heutigen Donnerstagabend, fordert Koch laut Redemanuskript indirekt dazu auf, sich beim Umgang mit Prostitution am „Nordischen Modell“ zu orientieren. „Es ist unser erklärtes Ziel, die Betroffenen – oft genug Minderjährige! – beim Ausstieg zu unterstützen, Alternativen zu eröffnen und kompromisslos eine Gesellschaft einzufordern, in der es keine Versklavung mehr gibt“, erklärt Koch. Wer nach Vorbildern suche, „mag diesbezüglich nach Schweden oder Frankreich blicken: Dort hat die Gesetzgebung deutlicher als hierzulande erkannt, dass schrankenloser Liberalismus nicht immer mit segensreichem Fortschritt einhergeht“.
Beide Länder orientieren sich in ihrer Gesetzgebung am sogenannten „Nordischen Modell“. Der Begriff meint ein Sexkaufverbot, das die Freier bestraft und nicht die Prostituierten. Koch sagt in seinem Grußwort weiter: Prostitution gebe „den Schutz der Schwachen zugunsten der Bedürfnisbefriedigung der Starken auf“. Kaum ein Mensch prostituiere sich freiwillig – sei es aus wirtschaftlicher Not, falschen Versprechungen, Zwang oder Gewalt heraus.
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Prostitution sei physische und psychische Sklaverei, denn der oder die Prostituierte stehe als Mensch zum Verkauf. „Eine Gesellschaft, die sich auf Menschenrechte beruft, darf diese Degradierung von Menschen zur Ware nicht dulden“, so Koch. Den Betroffenen und Opfern gelte „unsere uneingeschränkte Solidarität, der unveräußerliche Selbstwert dieser Mitmenschen steht für uns dabei im Zentrum“, so der Bischof.
Das katholische Hilfswerk „Renovabis“ setzt sich für Menschen in Mittel- und Osteuropa ein. Ein Großteil der Frauen in der Prostitution kommt aus Osteuropa.