Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt

Diese Nacht wird Steve Harvey, einer der beliebtesten Fernsehmoderatoren in den USA, wohl nie vergessen. Wenn es im Lexikon einen Eintrag gäbe zur Redewendung „Ich würde am liebsten im Boden versinken“, dann wäre Harveys Moderation der Krönung zur „Miss Universe“ vor ein paar Wochen wohl eines der Beispiele. Ein Kommentar von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
Dem bekannten amerikanischen Fernsehmoderator Steve Harvey passierte bei der Wahl zur Miss Universe ein schlimmer Fauxpas

Harvey, der in seinen Zwanzigern eine zeitlang obdachlos war und dann vom Fernsehen als Comedian entdeckt wurde, hielt nie damit hinter dem Berg, gläubiger Christ zu sein. Als er 2012 nach 27 Jahren die Arbeit als Komiker an den Nagel hängte, sagte er, Gott habe ihm ein Leben geschenkt, von dem er nie zu träumen gewagt hätte. Offenbar war er schon immer der Überzeugung, dass es Gottes Plan war, ihn ins Fernseh-Business zu stellen. „Ich bin kein perfekter Christ“, sagte er damals, „aber Gott hat mich an diese Position gebracht, so wie ich bin, um zu sagen, was ich sage und wie ich es sage.“ Er sei ein gutes Beispiel dafür, dass „der Allmächtige sogar fehlerhafte Soldaten für sein Reich gebrauchen“ könne, fügte er hinzu. Das war 2012.
Drei Jahre später, am 20. Dezember 2015, moderierte Harvey die Krönung der Miss Universe. Die Live-Sendung bringt regelmäßig über 7 Millionen Zuschauer vor die Fernseher weltweit. Zum großen Finale in Las Vegas trat Moderator Harvey auf der Bühne neben die beiden Finalistinnen, um die Siegerin zu verkünden. Harvey sah in seinen Umschlag und rief laut aus, die neue Miss Universe sei Ariadna Gutiérrez, ihres Zeichens Miss Kolumbien. Noch während diese die begehrte Krone auf den Kopf gesetzt bekommt, feiert und mit den Tränen kämpft, tritt Harvey erneut auf die Bühne und muss verkünden, dass er sich vertan hat. „Ich habe einen Fehler gemacht. Ich übernehme die volle Verantwortung dafür“, sagt Harvey, klein geworden wie ein Dackel, vor einem Millionenpublikum. Denn eigentlich ist Miss Philippinen, Pia Wurtzbach, die neue Miss Universe. Der Gegnerin aus Kolumbien wird die Krone wieder abgenommen, und Miss Philippinen auf den Kopf gesetzt.
Das Internet und die Weltpresse lachten über den Fauxpas, der für viele witzig, aber für Harvey der reinste Albtraum war, wie er später erzählte. Das Netz war in den Tagen danach voll von hämischen Kommentaren und Witzen über Steve Harvey. Das Video von der Preisverleihung wurde über 22 Millionen Mal angeklickt.
Manche Internet-Nutzer mussten aber auch anerkennen, dass Harvey die Größe gehabt habe, den Fehler sofort vollständig zuzugeben und die Schuld nicht etwa auf andere zu schieben. In einem Interview sagte Harvey vor kurzem über den Vorfall: „Ich hatte Gott zuvor gebeten, mir zu helfen, meinen Einfluss weltweit zu erhöhen. Der Weg, den er dann wählte, gefällt mir nicht so gut. Man muss Gott gegenüber wohl sehr präzise sein.“ Über Twitter verbreitete Harvey nach der Horrornacht die Botschaft: „Seht mal, was Gott mir geschenkt hat. #MissUniverse2015“.
Ein derartiger Fauxpas könnte wohl tatsächlich jedem Menschen passieren, der auf einer großen Bühne oder vor einem großen Publikum steht. Es gibt mindestens zwei Lektionen, die man aus dem Medienereignis lernen kann: Wer einen Fehler gemacht hat, macht ihn nur dadurch wieder gut, ihn zuzugeben und die Geschädigten um Entschuldigung zu bitten. Die zweite Lektion könnte sein: „Die Wege des Herrn sind unergründlich.“ Aber noch besser passt vielleicht: Der Mensch dachte, Gott lachte. (pro)

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