Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat in der Nacht zum Freitag den Kurznachrichtendienst Twitter in der Türkei sperren lassen. Mit einem Verstoß gegen die Meinungsfreiheit habe das nichts zu tun, sagte der Staatschef – und twittert trotz der Sperrung selbst.
Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat mit Korruptionsvorwürfen zu kämpfen. Die Twitter-Sperrung betrachtet er nicht als Eingriff in die Meinungsfreiheit
Die türkische Regierung begründete die Sperrung damit, dass Verantwortliche bei Twitter Gerichtsentscheidungne nicht eingehalten hätten. Angeblich sei der Dienst verpflichtet gewesen, bestimmte Links von der Plattform zu entfernen, über die sich türkische Nutzer beschwert hatten, meldet das ZDF-Nachrichtenportal heute.de. Twitter selbst hat sich zu den Vorwürfen bislang nicht geäußert.
Auf einer Wahlkampfveranstaltung am Donnerstagabend hatte Erdogan erklärt, er wolle „Twitter und solche Sachen mit der Wurzel ausreißen“. Was die internationale Gemeinschaft davon halte, „interessiert mich überhaupt nicht“, zitierte ihn die türkische Nachrichtenagentur Anadolu.
Erdogan steht wegen einer Korruptionsaffäre unter Druck. In den vergangenen Wochen waren mehrere Telefonmitschnitte im Internet aufgetaucht, die auch über Twitter verlinkt worden waren. In einem der Telefonate fordert der Ministerpräsident seinen Sohn angeblich auf, große Geldsummen zu verstecken, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Erdogan bestätigte die Echtheit dieses Telefonats nicht, dafür aber die eines anderen, in dem er Einfluss in die Auftragsvergabe für ein Kriegsschiff nimmt.
AKP: Stärkste Kraft trotz Korruptionsskandal
Dass diese Inhalte auch über Twitter verbreitet würden, habe mit einem Eindringen ins Privatleben und mit Ausspionieren von Staatsgeheimnissen zu tun, nicht aber mit einer Unterbindung der Meinungsfreiheit, sagte Erdogan.
Mitte Dezember vergangenen Jahres wurden mehrere Regierungsmitglieder wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen, einige Minister traten zurück. Erdogan selbst hält die Anschuldigung der Korruption für eine Verschwörung. In gut zwei Wochen finden in der Türkei Kommunalwahlen statt. Umfragen zufolge sei die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Erdogan trotz der Vorfälle die stärkste politische Kraft im Land, schreibt die Süddeutsche.
Türkische Regierung twittert trotzdem
Twitter hat in der Türkei über 10 Millionen Nutzer. Den Kurznachrichtendienst haben Regierungsgegner schon öfter genutzt, um Proteste zu organisieren. Die Verantwortlichen des Portals äußerten sich nicht zu der Sperrung. Twitter erklärte seinen türkischen Nutzern aber bereits, wie sie Tweets auch per SMS absetzen können.
Türkische Politiker nutzen trotz der Sperre weiterhin den Nachrichtendienst. Der türkische Präsident Abdullah Gül sprach sich am Freitag via Twitter gegen die Sperrung aus. Seinem Profil folgen mehr als 4,3 Millionen Nutzer. Auch Erdogan twittert auf zwei Profilen. Auf seiner türkischen Seite hat er 4,2 Millionen Follower, auf der arabischen sind es 573.000. Darauf, ob die Profile offiziell von dem türkischen Ministerpräsidenten betrieben werden, gab die AKP keine eindeutige Antwort.
Der türksichstämmige Politiker und Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen richtete sich als Zeichen gegen die Twitter-Sperrung seinen ersten Account ein. Unter dem Schlagwort #TwitterisbannedinTurkey schrieb er: „Zeit war es längst. Heute ist ein guter Tag, mit twittern zu beginnen.“ Bereits nach wenigen Stunden folgten Özdemir mehr als 1.500 Twitter-User. (pro)
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