Wenn Hotelgäste im Nachttischschränkchen eine Bibel vorfinden, haben sie das meistens dem 1899 gegründeten Verein "Gideonbund" zu verdanken. Die Tradition geht auf den amerikanischen Geschäftsmann John H. Nicholson zurück und wird in 188 Ländern praktiziert. Nach Angaben des Vereins lesen laut Umfragen 23 Prozent der Hotelgäste tatsächlich in der ausgelegten Bibel.
Das "Indigo"-Hotel in Newcastle im Nordosten Englands hat nun in seinen 148 Zimmern einen "Kindle" ausgelegt, das elektronische Buch des Versandhauses "Amazon". Darauf befindet sich eine Bibel, doch die Gäste sind eingeladen, auch andere religiöse Literatur zu installieren. Das berichtet die britische Tageszeitung "The Daily Telegraph". Bücher bis zum Wert von 5 Britischen Pfund (6,23 Euro) sind für den Gast kostenfrei. Nichtreligiöse Bücher werden dem Gast auf die Rechnung gesetzt.
Zunächst werden die elektronischen Lesegeräte testweise bis zum 16. Juli ausgelegt. Sollte das Angebot gut ankommen, sollen sie im Nachttisch verbleiben, und die Praxis könnte auf die anderen 44 Hotels der Kette auf der ganzen Welt ausgeweitet werden.
Der Manager des Hotels in Newcastle, Adam Munday, wurde vom Literaturhotel im Ort zu dieser Idee inspiriert. Newcastle hat eine lange Tradition in Sachen Literatur: Die Bibliothek der Gesellschaft für Literatur und Philosophie ist mit 150.000 Büchern die größte außerhalb Londons, die Stadt mit rund 290.000 Einwohnern hat ein Museum für Kinderbücher, und es finden seit Jahrzehnten regelmäßig Dichterlesungen statt. "Im 18. Jahrhundert war Newcastle eines der größten Buch-Zentren", erklärt Munday gegenüber dem "Telegraph". "Wir wollten diese literarische Geschichte auf moderne Weise widerspiegeln, deshalb stellen wir unseren Gästen einen Kindle mit einer Bibel darauf zur Verfügung anstelle der traditionellen Gideon-Bibel, die man normalerweise in Hotels findet." (pro)