EKD-Ratsvorsitzender weist Machtansprüche des Papstes zurück

"Gottes Wort ergreift in seiner Freiheit die Menschen durch die Zeiten hindurch immer wieder neu und hält sich dabei nicht an Ämter und historische Kontinuität." Kurz vor dem Besuch von Benedikt XVI. in Deutschland hat der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider Machtansprüche des Papstes zurückgewiesen. Gleichzeitig kritisierte er den Vorabdruck von "Unter Ketzern" in der Zeitschrift "Chrismon".
Von PRO

Dass der Papst durch den Rückgriff auf Petrus die eigene Identität bestimme, nehme er als theologische Überzeugung zur Kenntnis, sagt Schneider in einem Gespräch  mit der Tageszeitung "Die Welt". "Problematisch wird es, wenn daraus ein bestimmter Anspruch gegenüber anderen Kirchen und freien Gläubigen abgeleitet wird. Man sollte auf so unsicherem Grund mit Machtansprüchen sehr vorsichtig sein."

Die Idee, dass Protestanten den Papst als obersten Repräsentanten der Christenheit akzeptieren, wenn dieser die Vollgültigkeit der reformatorischen Kirchen anerkennt, sieht der Ratsvorsitzende ebenfalls kritisch. Dazu müsse man das Papstamt in Zustimmung und Ablehnung erst einmal beschreiben. Erst dann könne man sich darüber verständigen, in welcher Hinsicht so eine Sprecherfunktion denkbar sei. "In der Bibel kann man nachlesen, dass es immer schwierig wurde, wenn jemand eine herausgehobene Rolle beansprucht", sagt Schneider. "Wir müssten uns also auch darüber verständigen, was aus jenem Sprecheramt für die theologischen und ethischen Botschaften folgt." Wobei "verständigen" nicht bedeute, dass man einer Meinung sein müsse, sondern klären, wo Zustimmung und Differenzen gegeben seien. "Aber jetzt zu sagen, der Papst solle mal einfach für alle Christen sprechen – das ist für mich unmöglich."

Erfurt als Treffpunkt bedeutsam

Schneider wird im Erfurter Augustinerkloster auf den Papst treffen. Für ihn ist schon die Stadt als Treffpunkt bedeutsam, weil dort weniger als 30 Prozent der Bürger Christen sind. "Im hohepriesterlichen Gebet Jesu heißt es: ‚Sie sollen eins sein, damit die Welt glaube.‘ Dieser Satz könnte für Erfurt formuliert sein." Das Bemühen um Einheit sei keine akademische Übung, sondern Dienst "an der Überzeugungskraft unseres Zeugnisses, für das wir nicht durch Uneinigkeit unnötige Hindernisse errichten dürfen".

Das Buch "Unter Ketzern" des Chefredakteurs der evangelischen Zeitschrift "Chrismon", Arnd Brummer, das von vielen als Angriff auf die Katholische Kirche gewertet wird, hat nach Ansicht von Schneider einen stark konfessorischen Charakter.  Brummer beschreibe seinen Weg sehr persönlich und emotional, woraus ersichtlich werde, dass es sich "nicht um Aussagen unserer Kirche handelt". Die Freiheit zu solchen Urteilen müsse es geben. Schneider räumte ein, dass der Vorabdruck in "Chrismon" drei Wochen vor dem Papstbesuch "nicht hilfreich" gewesen sei. (pro)

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