Die Arbeitsbedingungen vieler Prostituierter sind menschenunwürdig. Die EKD hat jetzt ein Arbeitspapier veröffentlicht, das sich mit der Frage beschäftigt, wie man in diesem Gewerbe gegen Gewalt und Ausbeutung vorgehen kann. Das Papier beruht auf einem Beschluss der Synode 2023. Damals hatten die Synodalen gefordert, gegen diesen Missstand konsequenter vorzugehen.
Eine Arbeitsgruppe sollte das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Dabei sind neben einigen Wissenschaftlern auch die Diakonie und die Bevollmächtigte des Rates der EKD in die Arbeitsgruppe aufgenommen worden. In der Broschüre selbst gibt es keine klare Stellungnahme, sondern es werden zu mehreren Fragen unterschiedlichen Positionen gegenübergestellt sowie über die aktuelle Gesetzeslage informiert.
„Blick für die Mitmenschlichkeit schärfen“
Ziel sei es gewesen, das emotional besetzte Thema nicht mit einfachen Antworten zu lösen, sondern sich auf Basis aller Meinungen eine fundierte Meinung zu bilden. Für EKD-Präses Anna-Nicole Heinrich geht es darum, „den Blick für Gerechtigkeit, Menschenwürde und Mitmenschlichkeit zu schärfen“.
Prostitution finde häufig im Dunkelfeld statt und es gebe wenige belastbare Zahlen. Die Kirche sollte aber helfen, Betroffene effektiv zu schützen, damit diese ein Leben in Würde führen könnten. Für die Arbeitsgruppe unstrittig war die Marktmacht der Sexindustrie und der hohe existierende Anteil der Zwangsprostitution und des Menschenhandels, heißt es in dem Papier. Vom Geld profitierten eben nicht die Prostituierten.
Ziel müsse es sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, um die vorhandenen Strafgesetze wesentlich besser durchzusetzen. Denn auch das Prostituiertenschutzgesetz habe die Situation nicht verbessert oder die Nachfrage eingedämmt. Sexkauf dürfe unter keinen Umständen bagatellisiert werden. Die Arbeitsgruppe schlägt die vollständige Entkriminalisierung der freiwilligen Sexarbeit Erwachsener vor. Dadurch bestehe die Chance, systematische Diskriminierung und die Straflosigkeit bei einem Verstoß gegen die Rechte von Sexarbeiterinnen zu bekämpfen.
Bisher noch keine offizielle Positionsbestimmung
Es gehe darum, Menschen zu schützen, die in der Prostitution Leid erfahren haben, und es müsse vermieden werden, dass neue junge Menschen in die Prostitution hineinrutschen. Bisher gibt es noch keine „offizielle“ Positionsbestimmung zu Sexkauf und Prostitution der EKD. In dem Papier heißt es, dass die Verantwortung für Theologen und Kirche darin liege, „objektiv zu prüfen, ob Prostitutionsgesetze dazu beitragen, dass den Betroffenen durch asymmetrischen, käuflichen Sex ein effektiver menschlicher und irreversibler Schaden zugefügt wird und ob es rechtliche Lösungen gäbe, bei denen dies nicht der Fall ist“.