Eine Ethik für die Medienkrise

Vor allem in der Medienkrise sind ethische Gebote ausgesprochen wichtig. In einem Beitrag des Online-Portals "Cicero" spricht sich Kulturkritiker Alexander Kissler für einen "medialen New Deal" aus. Kissler bemängelt, dass durch drastisch sinkende Auflagezahlen selbst Qualitätsmedien zu Holzhammer-Methoden greifen würden.
Von PRO

Bisher zuverlässige Quotengaranten befänden sich in einem Tief. Dies veranlasse die Sender oft neue Formate zu testen: "Dass sie dabei in Grenzbereiche der Menschenwürde geraten, nehmen die Macher billigend in Kauf." Kissler kritisiert auch, dass die Menschen viel zu oft "verzweckt und instrumentalisiert" würden. Sie dienten als Objekte bei der Herstellung von Emotionen und als "reines Werkzeug zur Quotenmaximierung". Wenn dagegen keine Kamera mehr auf die Menschen gerichtet sei, erlösche das Interesse an ihnen.



Müssen nicht alles kommentieren und bewerten



In Bezug auf Leitartikel und Kommentierungen wünscht sich Kissler etwas mehr Zurückhaltung von der schreibenden Zunft. Nicht jedes Thema müsse unbedingt kommentiert und bewertet werden: "Wer den Medienrezipienten mit Wertungen überschüttet, ehe er ihn informiert, nimmt ihn nicht ernst – und ist sich selbst seines Wissens nicht sicher."



Die Journalisten hätten sich mittlerweile daran gewöhnt, dass ihnen niemand widerspreche. Alles andere gelte schnell als Medienschelte. Viele von ihnen würden sich oft gerne wichtiger nehmen, als sie seien und es ihnen gut tue. Kissler wünscht sich von seinen Kollegen neu zu lernende "Zurückhaltung, Demut und Bescheidenheit". Ansonsten treibe die uninformierte und darum uniformierte Erregungsgesellschaft immer neue Blüten.

Angemessene Bezahlung für Journalisten



Kissler stört auch die hohe Bedeutung, die den Bildern im Gegensatz zum Wort geschenkt werde. "Bilder müssen eingeordnet, also ver(w)ortet werden, weil nur so Verantwortung entsteht", meint Kissler. Journalistenkollegen empfiehlt er, das eigene "Soziotop" immer wieder zu verlassen. Ohne nötige Selbstkritik verkümmere die Fähigkeit des Redakteurs zum "kritischen Weltverhältnis, der Grundbedingung jeder journalistischen Tätigkeit". Die Bereitschaft zur angemessen Bezahlung ist aus seiner Sicht mittelfristig die größte Gefahr für den Qualitätsjournalismus.



Kein gutes Haar lässt Kissler an einem Fernsehen, dass sich als "Pausenclown auf Kindergeburtstagen" verstehe. In vielen Nachrichtensendungen käme es zu Kindereien, die gegen die Würde des Publikums verstoßen. "Wer eine mündige, aufgeklärte Gesellschaft will, muss ihr die Mühe des Gedankens zutrauen, muss ihr Maßstäbe des Erklärens und Verstehens an die Hand geben und sie nicht zwangsbespaßen. Erst wenn die Medien der selbstgelegten Spaßfalle entkommen, gewinnt die Würde eines vernünftigen Wesens wieder Raum", bilanziert der "Cicero"-Autor. (pro)

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