Wie gefährlich leben Journalisten? Sowohl die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ als auch das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit haben dazu in dieser Woche Zahlen vorgelegt. Auch in der aktuellen Ausgabe des Magazins Journalist ist die Bedrohung von Journalisten durch die Pegida-Bewegung ein Thema.
Die Pegida-Demonstrationen stehen in Deutschland 2015 sinnbildlich für einen gefährlichen Redakteursberuf
Nach Angaben der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) sind zurzeit weltweit 54 Journalisten entführt. Diese Zahl liegt um ein Drittel höher als Ende 2014. Das geht aus der am Dienstag vorgestellten „Jahresbilanz der Pressefreiheit“ hervor. Die Entführungen konzentrierten sich vor allem auf die arabischen Länder Syrien, Jemen, Irak und Libyen.
Bewaffnete nichtstaatliche Gruppen würden dort ihren Herrschaftsanspruch durchsetzen und kritische Stimmen zum Schweigen bringen, heißt es in der Bilanz. Der ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske sieht in der erschreckend hohen Zahl einen Beleg dafür, dass bewaffnete Gruppen gerade in den arabischen Krisenstaaten vor nichts zurückschrecken, „um Kritik und unabhängige Informationen zu unterdrücken“.
2015 waren bisher insgesamt weltweit 79 hauptberufliche Journalisten entführt. Den Rückgang dieser Zahl um 34 Prozent begründete die Organisation mit der veränderten Lage im Osten der Ukraine. Die größte Zahl der aktuellen Entführungen geht mit 18 Fällen auf das Konto des IS, gefolgt von den Huthi-Rebellen im Jemen (9 Fälle) und der Al-Nusra-Front in Syrien (4 Fälle). 95 Prozent seien Journalisten aus den jeweiligen Ländern, nur fünf Prozent ausländische Reporter.
153 hauptberufliche Journalisten hinter Gittern
Neben den entführten Journalisten säßen weitere 153 hauptberufliche Journalisten im Gefängnis. Diese Zahl ist gegenüber dem Vorjahr (178) gesunken. Auf den traurigen Spitzenplätzen rangieren China und Ägypten. Zusätzlich zu den hauptberuflichen Journalisten sind derzeit 161 Bürgerjournalisten und 14 sonstige Medienmitarbeiter inhaftiert.
Im vergangenen Jahr habe vor allem die Türkei mit elf Prozent aller Verhaftungen weltweit für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Vorstandssprecher Rediske sieht darin einen deutlichen Beleg für die Zunahme staatlicher Repressionen. Die meisten verschwundenen Journalisten gab es mit fünf von acht Fällen weltweit in Libyen. Über ihr Schicksal gebe es keine verlässlichen Informationen. Die Zahl getöteter Journalisten sowie die gefährlichsten Regionen für Reporter veröffentlicht ROG am 28. Dezember. Außerdem hat die Organisation einen Sicherheitsleitfaden in vier verschiedenen Sprachen für die Reporter herausgegeben, die aus Krisen- und Konfliktregionen berichten.
Gewaltsame Angriffe gegen 29 Pegida-Berichterstatter
Auch einige deutsche Zahlen bereiten Sorgen: Laut einer Studie sind bei Pegida-Demonstrationen mindestens 29 Journalisten in diesem Jahr von Teilnehmern rechtspopulistischer Veranstaltungen wie Pegida gewaltsam angegriffen worden. Dutzende weitere seien bedroht und bedrängt worden. Dies teilte das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit in Leipzig mit. Die Opfer würden als Teil der „Lügenpresse“ angesehen, hieß es.
Das Zentrum hatte die Studie auf Basis von Medienberichten sowie Opferbefragungen erstellt. „Journalisten gelten bei einem wachsenden Anteil der Bevölkerung nicht mehr als neutral, sondern werden zum Teil eines Feindbildes aus herrschender Politik und weltoffener Gesellschaft“, wird der Leiter der Studie, Martin Hoffmann, von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Das Zentrum war im Juni 2015 von 20 Organisationen gegründet worden. Es will Verletzungen der Pressefreiheit dokumentieren und betroffene Journalisten unterstützen.
Im aktuellen Medienmagazin Journalist fragt Chefredakteur Matthias Daniel in seinem Editorial, wie man sich das Entsetzen über die Ereignisse dort bewahren könne und trotzdem nicht in Angst erstarre. Gerade in dieser nicht einfachen Situation hätten die Journalisten eine große Verantwortung. In dem Heft kommen auch Johannes Filous und Alexej Hock zu Wort. Sie begleiten die Pegida-Demonstrationen kritisch und twittern live von den Kundgebungen. Sie kritisieren, dass man sich dort weder frei bewegen, noch frei berichten könne und dass sie beschimpft, angepöbelt und bedrängt würden. Manchmal passiere sogar mehr. (pro)
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