Gegen eine Auflage von 5.000 Euro hat das Gericht das Kinderporno-Verfahren gegen Sebastian Edathy eingestellt. Das irritiert. Und wirft Fragen auf, statt sie zu beantworten. Ein Kommentar von Jonathan Steinert
Von PRO
Foto: edathy.de
Das Verfahren gegen Sebastian Edathy wegen Verdachts auf Kinderpornografie wurde eingestellt. Das wirft mehr Fragen auf als dass es Klarheit schafft
5.000 Euro und eine „geständige Einlassung“ – damit ist Sebastian Edathy das Strafverfahren um Kinderpornografie los. Am Montag hat das Landgericht Verden das Verfahren gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten gegen Auflagen eingestellt. Das ist bei weniger schweren Delikten und bei Ersttätern nicht ungewöhnlich. Es entlastet die Justiz und schützt den Angeklagten. Denn so lang er nicht verurteilt ist, gilt er als unschuldig. Freigesprochen ist er damit aber auch nicht. Kinder- und jugendpornografische Bilder und Schriften zu besitzen, zählt rechtlich als Vergehen, nicht als Verbrechen. Damit ist es möglich, das Verfahren einzustellen, wenn die „Schwere der Schuld“ dem nicht entgegensteht. Das tat sie aus Sicht der Richter und Staatsanwälte im Fall Edathy offenbar nicht.
Der Prozess mag einwandfrei verlaufen sein – die Entscheidung irritiert trotzdem. Sie sendet ein zweifelhaftes Signal und weckt mehr Fragen als Antworten. Es sollen nur wenige Bilder gewesen sein, das Vergehen könne als nicht so schlimm eingestuft werden, wie der Begriff „Kinderpornografie“ klingt. Schön und gut. Schließlich müssen die Richter differenzieren und auch der Beschuldigte hat Rechte.
Aber wer das Thema als durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Mediennutzer verfolgt, sieht: Für 5.000 Euro kommt man mit Kinderpornografie davon. Fußballspieler Marco Reus musste über eine halbe Million hinlegen – weil er ohne Führerschein zu schnell gefahren ist. Wo bleibt da die Relation? Auf Facebook macht der sarkastische Post die Runde, Edathy könne froh sein, nur Kinderpornos und keine Musik heruntergeladen zu haben. „Sonst hätten sie ihn ja richtig drangekriegt.“ Diese Fälle kann man nicht pauschal miteinander vergleichen. Aber die Botschaft, die darin mitschwingt, ist dramatisch. Denn sie weckt Misstrauen gegenüber dem Rechtssystem.
„Moralischer Widerspruch“
Irritierend verhält sich auch Edathy selber. Vor Gericht ließ er seinen Anwalt eine Erklärung verlesen, die er sich zu eigen machte. Demnach träfen die Vorwürfe zu und Edathy bereue seinen Fehler. Das genügte Richter und Staatsanwalt, um das Verfahren gegen die Geldzahlung einzustellen. Wenig später tat Edathy allerdings auf seiner Facebookseite kund, von einem Geständnis könne hierbei keine Rede sein. Das Gericht sei lediglich mit der Formulierung einverstanden gewesen, erklärt sein Anwalt. Über die Inhalte der heruntergeladenen Dateien habe sich Edathy nicht geäußert. Doch was war es dann, wenn kein Geständnis? Und warum hat sich das Gericht darauf eingelassen?
Über die Einzelheiten lässt sich viel spekulieren. Es wäre nicht fair, Edathy nun als Zuschauer zu verurteilen und nachzuholen, was das Gericht in den Augen vieler versäumt hat. Ohne Urteil gilt für ihn die Unschuldsvermutung. Aber freigesprochen und rehabilitiert ist er auch nicht. Sein Ruf ist dahin, den Makel „Kinderpornografie“ wird Edathy nicht mehr los. Dass das Verfahren so endete, macht es nicht besser. Der Kinderschutzbund, an den die 5.000 Euro Edathys gehen sollen, hat dieses Geld abgelehnt. Der Verein könne den „moralischen Widerspruch für sich nicht lösen“. Das wirkt wie ein Sieg der Moral über das Recht.
Es ist bedauerlich, dass diese beiden Größen in unserem Rechtsstaat als Konkurrenten wahrgenommen werden. Wenn die Justiz dabei zumindest nicht den Kürzeren ziehen möchte, sollte sie sich bewusst machen, wie Entscheidungen wie im Fall Edathy nach außen hin wirken – und sie besser erklären. (pro)
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