Ein offener Brief an Oliver Welke von der „heute-show“

Die Darstellung von einem gekreuzigten Hasen in der ZDF-„heute-show“ hat pro-Kolumnist Jürgen Mette nicht gefallen. In einem offenen Brief erklärt er Moderator Oliver Welke, dass Gott Satire aushält, die Szene aber für manchen Zuschauer eine Grenzüberschreitung war.
Von Jürgen Mette
Der Theologe Jürgen Mette leitete viele Jahre die Stiftung Marburger Medien. 2013 veröffentlichte er das Buch „Alles außer Mikado – Leben trotz Parkinson“, das es auf die Spiegel-Bestsellerliste schaffte.

Hallo Herr Welke!

Ich schaue selten Fernsehen, aber Ihre „heute-show“ gönne ich mir: Immer frech, immer lustig, immer hart auf der Kante zum gerade noch Zumutbaren! Aber bei Ihrem nachösterlichen Auftritt ist mir das Lachen im Hals stecken geblieben. Sie haben die scheinheilige Ostersympathie des AfD-Vertreters völlig zu Recht satirisch überzeichnet. Aber im Gepäck dieses Gags befand sich eine Grenzüberschreitung: Jesus als gekreuzigter Osterhase.

Wir Christen sind ziemlich leidensfähig, wir stecken manche blasphemische Attacke lautlos weg. Für die Zukunft sollen Sie wissen, warum Christen lange stillhalten, bevor sie eine Programmbeschwerde einreichen:

Dieser Gott, der sich einer armseligen Minderheit in der ägyptischen Provinz Gosen als Gott der Zwangsarbeiter, der Sklaven, der Unterdrückten vorgestellt hat, dieser Gott ergibt sich geradezu in die Hände der Lästermäuler und Lästerzeichner. Blasphemie darf sich wie ein pubertierender Teenager im seriösen Haus der Satire austoben. Gott hält das aus. Er begibt sich in die Hände seiner Feinde. Er braucht nicht den Schutz unseres Grundgesetzes.

Die Geschichte der christlichen Kirche trägt die Bereitschaft gewissermaßen artspezifisch in sich, Lästerung zu erdulden und zu ertragen. Das Christentum ist geradezu imprägniert gegen solche Attacken und es hat dieser Glaubensgemeinschaft im tiefsten nie geschadet, diese Angriffe zu ertragen. Im Gegenteil: die Qualität der christlichen Kirche reift in der Erduldung des Angriffs. Der Gott der Bibel, der Gott Abrahams Isaaks und Jakobs, der Vater Jesu Christi hält jede Satire aus. Der Prophet Jesaja beschreibt in seinem berühmten Gottesknechtslied den Messias, den Heiland und Erlöser der Welt als ein Lamm, das zur Schlachtbank gezerrt wird und das nicht plärrt und sich nicht gegen seinen Schlächter wehrt. Das ist Satire in Reinkultur!

Der leidende Christus, der vor 2.000 Jahren für Schlagzeilen gesorgt hat, wurde von den eigenen Volksgenossen der Blasphemie bezichtigt („er lästert Gott“). Nicht, weil er die römische Besatzungsmacht niedergemäht hätte, sondern weil er die Fundamentalisten seiner eigenen Glaubensgemeinschaft karikiert hat („Ihr Ottern und Schlangengezücht!“).

Jesus von Nazareth hatte am Nordufer des Sees Genezareth in Israel eine aufmüpfige Rede gehalten: den Verzicht auf Gewalt. Liebt eure Feinde! Tut denen Gutes, die euch bedrohen und verfolgen, die unsere freiheitlich demokratische Ordnung verachten, die Moscheen, Synagogen und Kirchen niederbrennen. Segnet die, die das Heilige besudeln und den Friedensstifter mit gespitzten Stiften und großer Klappe erneut kreuzigen.

Jesus wurde kurze Zeit später gewalttätig karikiert. Gekreuzigt! Seine Botschaft wurde von seinen Schülern mündlich überliefert und ein paar Jahrzehnte nach seinem Tod schriftlich dokumentiert. Die Bergpredigt gilt seitdem als revolutionärstes Konzept der Weltliteratur zur Überwindung von Hass und Gewalt.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Gag-Lieferanten ein sensibles Gespür dafür, wo Satire aufhört und Blasphemie beginnt. Bleiben Sie frech und bleiben Sie wachsam!

Ihr Jürgen Mette

Von: Jürgen Mette

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