Lehrerinnen an deutschen Schulen dürfen Kopftücher tragen. Christliche Kreuze aber werden in Klassenräumen abgehangen, wenn Eltern das verlangen. Ein Widerspruch ist das nicht. Ein Kommentar von Anna Lutz
Von PRO
Foto: Fotolia/jasmin Merdan
Religion in der Schule sorgt immer wieder für Debatten. Gerade deshalb muss die Gleichbehandlung verschiedener Gläubiger gewahrt sein
Kaum ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nachdem ein Kopftuchverbot von Lehrerinnen verfassungswidrig ist, gefallen, macht sich hier und da Empörung breit. „In jedem Fall werden wir in Bayern alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, damit das Christentum bei uns in Bayern privilegiert bleibt und weiterhin das prägende Wertefundament für unsere Gesellschaft ist“, erklärte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer am Freitag. Kommentatoren im Netz warnten vor einer schleichenden Islamisierung, andere verglichen das jüngste Kopftuch-Urteil mit dem Kruzifixurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995.
Letzteres ergibt aber nur auf den ersten Blick Sinn. Damals erklärten die Richter, dass Kruzifixe in Klassenzimmern nicht hängen dürften, weil sie der Religionsfreiheit im Sinne des Grundgesetzes widersprechen. Die Anbringung eines Kreuzes in den Räumen einer staatlichen Einrichtung verstoße gegen das Verfassungsprinzip der staatlichen Neutralität. Trotz einer zwischenzeitlichen Anerkennung des christlichen Kreuzes durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gilt deshalb bis heute: Wenn Eltern oder Lehrer – zum Beispiel in Bayern – im Einzelfall gegen ein Kreuz im Klassenzimmer Widerspruch einlegen, muss es abgehangen werden. Zumindest dann, wenn sie glaubwürdig darlegen, warum es ihre Freiheit der Weltanschauung gefährdet.
Nun ist aber ein Kreuz an der Wand etwas völlig anderes als religiöse Bekleidung am Körper. Ganz ausdrücklich spricht das Bundesverfassungsgericht in seinem jüngsten Urteil nicht nur von verfassungsrechtlich zulässigen Kopftüchern, sondern auch von Kippas, Kreuzketten und ähnlichem. Denn religiöse Bekleidung betrifft das persönliche Bekenntnis. Ein Kreuz im Klassenzimmer aber steht für die Ausrichtung einer Institution.
Ein Staat, der die Gleichbehandlung der Religionen und damit auch die Religionsfreiheit allumfänglich achten möchte, hat eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder, er geht den Weg des Laizismus und gliedert den Bereich Religion völlig aus staatlichen Einrichtungen aus. Oder aber er garantiert allen Glaubensrichtungen dieselbe Bekenntnisfreiheit, auch in der Schule. Deutschland hat sich entsprechend seinem Grundgesetz für den zweiten Weg entschieden, und das ist gut so. Lehrerinnen sollen Kopftücher, Kreuzketten oder Kippas tragen, denn all diese Symbole sind keine Missionierungsinstrumente, sondern Zeichen von Kultur und gelebtem Glauben. Und letzteres bekommen unsere Schüler heute ohnehin zu selten zu Gesicht. (pro)
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