Von außen vermittele der „beeindruckende, bizarre und schöne Ort“ nicht, dass sich dort ein „einmaliges Religionsbiotop“ befinde, meint Rühle. Jede der sechs Religionsgemeinschaften habe sich in das Haus eingemietet. Die Muslime haben sich im sechsten Stock eine kleine Moschee eingerichtet, die dritte Etage der Sikhs ziere ein Baldachin, während bei den Evangelikalen alles in Lila gehalten ist.
Der Autor und Dramaturg Björn Bicker hat das Zusammenleben der verschiedenen Religionen genauer untersucht und zu einem Theaterstück mit dem Titel „Urban Prayers“ gebündelt. Darin werde die Leitfrage gestellt: „Was glaubt ihr eigentlich, wer wir sind?“ Für Rühle ist das eine passende Frage, weil Gott „normalerweise hierzulande immer noch in einer protestantischen oder katholischen Kirche“ wohne. Jeweils 30 Prozent der Deutschen bekennten sich zu einer der großen Konfessionen, allerdings wohne Gott in den großen Kirchen sonntags oft sehr alleine.
Keine Superökumene
Für den Sikhisten, Gurbinder Singh Kabbar, stellt das Zusammenleben der unterschiedlichen Religionsphilosophien kein Problem dar: „Hindus? Muslime? Christen? Wir sind doch alle Geschöpfe Gottes.“ Alle machten parallel dasselbe und würden ihren Gott verehren. Nur eben jeder in seiner Sprache. Eher wenig Kontakt mit den anderen Religionen habe man, bekennt der Schiit Hussein Hassan Humeidi. Aus Sicht von Rühle ist das Haus auch kein „multikulturelles Vorzeigelabor, in dem euroindoirakische Superökumene“ gefeiert wird.
Der evangelikale Pastor der „Holy Ghost Fire Revival Ministries“, Joe Boadi Danquah, wünscht sich, dass Europa endlich aufwacht aus der Zeit des Unglaubens: „Niemand ist gut, als nur einer: Gott“, zitiert er eine Bibelstelle. Bei der Freude, den Tänzen und den Gebeten, meint Rühle, „dann hat Gott in dieser Wohnung hier vielleicht doch mehr Spaß“ als in gewöhnlichen protestantischen Gottesdiensten. (pro)