Vielleicht bin ich gegen Abtreibung. Aber in erster Linie bin ich für das Leben. Auch das ungeborene.
Das macht einen großen Unterschied. Wäre mein Ziel, gegen Abtreibung anzuschreiben, wäre ich der falsche Absender. Ich bin keine Frau. Ich war nie in solch einer Situation und kann mir nicht vorstellen, wie grausam und schwer es sein muss, die Entscheidung für eine Abtreibung zu treffen.
Aber ich kann für das Geschenk des Lebens eintreten.
Über 100.000 Mal wird in Deutschland pro Jahr abgetrieben. Seit einigen Jahren mit steigender Tendenz. Warum steigend? Ich finde keine Antwort, außer, dass die inneren Hürden niedriger werden. Vielleicht auch der Wert, den wir dem ungeborenen Leben zusprechen.
Wer das hinterfragt, gilt schnell als verbohrt oder reaktionär. Warum? Warum ist es nichts Gutes, Mitmenschliches mehr, sich für einen ungeborenen Menschen, für den Allerschwächsten, stark zu machen?
Viele, die nicht selbst betroffen sind, tun sich schwer, sich zu diesem Thema zu äußern. Dabei tragen wir alle Verantwortung. Sowohl direkt: Keine Frau sollte sich mit so einer Entscheidung allein gelassen fühlen, auch wenn es am Ende ihre Entscheidung bleibt. Aber auch als Gesellschaft: Wie kann es sein, dass eine werdende Mutter denkt, ihr Kind habe keine Perspektive – ob nun bei ihr oder bei neuen Eltern? Für diese Perspektiven lohnt es sich zu kämpfen, statt schweigend Abtreibung als Lösung zu akzeptieren.
Niemals würde ich dem Papst zustimmen, dass Abtreibung wie ein Auftragsmord sei. Was für ein perfider Vergleich. Doch als Christ sehe ich uns als Gottes Geschöpfe – und das nicht erst ab dem vierten Schwangerschaftsmonat.
Ja, für mich ist das Leben des Kindes wichtiger, als das viel zitierte Recht am eigenen Körper. Ein schlagendes Herz ist für mich Leben. Ein eigener Körper, der beschützt werden muss. Ein Leben, das wichtiger sein kann als ich selbst.
Ich darf und will niemanden verurteilen, der abgetrieben hat. Was wäre das für eine Anmaßung aus meiner männlichen, sorg- und vermutlich ahnungslosen Perspektive. Eigentlich wollte ich nicht einmal über das Thema schreiben, weil ich weiß, welche Reaktionen drohen. Ich habe es dennoch getan, weil ich für die Kostbarkeit der ungeborenen Kinder eintreten will – und mehr nicht für sie tun kann.
Wir danken Daniel Böcking für die freundliche Genehmigung für den Abdruck dieses Textes, der zuerst auf bild.de erschienen ist.
Der gläubige Journalist und stellvertretende Chefredakteur von BILD Daniel Böcking äußert sich regelmäßig aus christlicher Perspektive zu aktuellen Themen. Mehr zur Debatte um das Abtreibungsverbot lesen Sie in der Titelgeschichte der neuen Ausgabe des Christlichen Medienmagazins pro, 5/2018, die ab dem 16. Oktober erhältlich ist.
Von: Daniel Böcking