E-Mails: Mehr Lügen als im Brief

In E-Mails wird häufiger gelogen als in Briefen. Das haben US-Forscher nun herausgefunden. Der Grund: Die modernen Kommunikationsmittel sind unpersönlicher. Deshalb fühlen sich die Nutzer ihrem virtuellen Gegenüber weniger verpflichtet.

Von PRO

Der Forscher Terri Kurtzberg von der Rutgers Univerity in New Jersey setzte seine Probanden laut dem Magazin "Spektrum der Wissenschaft" einem sogenannten "Ultimatumsspiel" aus. 48 angehende Ökonomen sollten einen vorgegebenen Geldbetrag in beliebiger Weise zwischen sich und einem Mitspieler aufteilen. Der Mitspieler konnte den angebotenen Betrag daraufhin annehmen oder ablehnen – im letzten Fall gehen beide Beteiligten leer aus. Die Probanden mussten dem Mitspieler außerdem mitteilen, wie viel Geld im gesamten Topf ist. Dabei durften sie lügen, um ihr Angebot besser erscheinen zu lassen.  

Kein Gegenüber, keine Normen

Es zeigte sich: Wie viele der Teilnehmer logen, hing von der Art der Kommunikation zwischen ihnen ab. Während ein Teil der Probanden sein Angebot via Brief übermitteln sollte, kommunizierte der andere Teil per E-Mail. Letztere Gruppe erwies sich im Vergleich als unehrlicher und egoistischer. Neun von zehn Teilnehmern der E-Mail-Gruppe logen über den aufzuteilenden Geldbetrag. In der Brief-Gruppe taten dies nur zwei Drittel. Auch die Höhe ihres Angebots war deutlich geringer. Das Ergebnis des Versuchs war eindeutig: Die Probanden, die sich auf elektronischem Wege mit ihren Mitspielern verständigten, logen ihre Partner deutlich häufiger an.

Laut "Spektrum der Wissenschaft" vermuten Kurtzberg und sein Team zwei Gründe hinter dem Verhalten. Zum einen betrachteten die meisten Probanden E-Mails als weniger persönliche Form der Kommunikation und fühlten sich deswegen weniger verpflichtet, dem anderen gegenüber moralisch korrekt zu handeln. Hinzu komme, dass die elektronische Kommunikation als weniger verbindlich wahrgenommen werde und sich in diesem Bereich noch keine klaren Verhaltensregeln etabliert hätten. Deshalb falle es dem Einzelnen leichter, sein unmoralisches Handeln zu rechtfertigen. Frühere Untersuchungen hätten dies bestätigt: Den meisten Menschen falle es demnach leichter, Verstöße gegen die eigenen moralischen Normen zu rechtfertigen, wenn die Verhaltensregeln einer Situation unsicher oder unklar seien. (pro)

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