Duden 2.0: Deutsch: sehr gut, SMS: mangelhaft?

Unvollständige Sätze, reduzierte Verbformen, ausgelassene Satzzeichen und aneinandergereihte Fragezeichen. Dies sind bekannte Phänomene einer SMS oder eines Chats zwischen Jugendlichen. Die Züricher Forscherin Christa Dürscheid hat festgestellt, dass die Art und Weise,wie die Jugendlichen in der Freizeit schreiben, keinen signifikaten Einfluss auf das schulische Schreiben hat.

Von PRO

In ihren jüngsten Forschungen fand die Linguistin heraus, dass neue
Medien keinen Einfluss auf die Rechtschreibkenntnisse und die
Ausdrucksweise der Schüler haben. "Die meisten Schüler wissen sehr wohl,
ob sie einen Deutschaufsatz schreiben oder bei Facebook eine Nachricht
auf die Pinnwand posten", erläutert sie im Gespräch mit "Focus
Schule".

"Das Schreiben in den neuen Medien ist also kein Faktor, der
das Schreiben in der Schule beeinflusst", stellt sie in ihrem neuen Buch
"Wie Jugendliche schreiben Schreibkompetenz und neue Medien" dar.

Auch das Schreiben zahlreicher SMS und Chat-Nachrichten beeinflusse bei Schülern, die gut in Deutsch sind, nicht die Fähigkeit grammatikalisch richtig zu schreiben. Chatinhalte die gemessen an schriftsprachlichen Normen voller Fehler seien, gehorchten eben den Gesetzen der Mündlichkeit, verdeutlicht Dürscheid.



Ein Signal zur Abgrenzung



Vor allem Kraftausdrücke, die bei diesen Formen der Kommunikation in emotionalen Momenten oft gebraucht würden, seien in der Jugendsprache ein normales Phänomen: "Die Jugendlichen gebrauchen ihre eigene Sprache, um sich von den Erwachsenen abzugrenzen und eine Gruppenzugehörigkeit zu signalisieren", erklärt Dürscheid. Auch die Fähigkeit der Jugendlichen, diskutieren oder debattieren zu können, sieht die Wissenschaftlerin nicht in Gefahr: "Ich glaube nicht, dass das Internet oder die neuen Medien Einfluss darauf haben, ob Jugendliche heute noch diskutieren. Ein Chat ersetzt schließlich keine hitzige Diskussion, die muss man schon mündlich führen", wird sie in "Focus Schule" zitiert.

Die Züricher Forscherin bilanziert in ihrem Buch: "Wer die Orthographie nicht ausreichend beherrscht oder wer Mühe hat, sich adäquat auszudrücken, der hat diese Probleme unabhängig davon, ob er privat viel oder wenig in den neuen Medien schreibt, und unabhängig davon, wie normnah oder normfern sich dieses Schreiben gestaltet." Andere Wissenschaftler argumentierten, dass sich die Schreiber lediglich den technischen Voraussetzungen anpassen würden und durchaus anders schreiben könnten, wenn andere Gegebenheiten gegeben wären.



Die Universität Zürich hatte im November 2006 mit einer Pilotstudie zu den Mediennutzungsgewohnheiten von Schülern begonnen. Die Datenerhebung "Schreibkompetenz und neue Medien" wurde in den letzten Jahren an Sekundarschulen und Gymnasien in den Kantonen Zürich und Zug sowie in den ersten beiden Ausbildungsjahren von Berufsschulen durchgeführt.

Nicht in der Studie berücksichtigt waren Texte, die über den Nachrichtendienst Twitter oder über die Kombination von Text- und Bildmaterialien verbreitet wurden. Diese machten, laut Erhebung, nur einen Nutzungsanteil von 2,5 Prozent der jugendlichen Kommunikation aus. Forschungsfelder der Zukunft sind für Dürscheid die Unterschiede zwischen dem Freizeitschreiben von Jüngeren und Älteren und auch die Frage, ob sich das Schreiben in der Sprachbiographie der 25 bis 30-Jährigen verändert hat, die seit ihrer Jugendzeit mit E-Mail, SMS und Chat vertraut sind. (pro)

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