Drohbriefe gegen türkischstämmige Politiker

B e r l i n (PRO) - Die Kopftuchdebatte in Deutschland geht weiter. Denn jetzt streiten auch Muslime untereinander öffentlich über das Thema. Grund dafür ist der Aufruf einiger türkischstämmiger Politiker an moslemische Frauen in Deutschland, das Kopftuch abzulegen. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz etwa erhält deshalb Drohbriefe und Schmähungen per E-Mail aus islamistischen Kreisen.
Von PRO

Deligöz forderte in der „Bild am Sonntag“ (BamS) moslemische Frauen in Deutschland auf: „Kommt im Heute an, kommt in Deutschland an. Ihr lebt hier, also legt das Kopftuch ab! Zeigt, dass Ihr die gleichen Bürger- und Menschenrechte habt wie die Männer! Das Kopftuch ist ein Symbol der Frauenunterdrückung. Wer von Frauen verlangt, dass sie ihren Kopf und das Haar verhüllen, macht sie zu einem Sexualobjekt.“

Ähnlich äußerten sich auch andere prominente Deutsch-Türken in der „Bams“. Mehmet Daimagüler, der Ehrenvorsitzende der Liberalen Türkisch-Deutschen-Vereinigung und ehemaliges Mitglied im FDP-Bundesvorstand, forderte von moslemischen Frauen als ein Zeichen der Integrationsbereitschaft, auf das Kopftuch zu verzichten: „Wir Muslime müssen uns ohne Wenn und Aber zu Deutschland, unserer Heimat, bekennen. Dieses Bekenntnis muss mehr sein als ein Ja zum Grundgesetz.“ Es gehe auch um das Anerkennen hiesiger Traditionen und Sitten.

Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Lala Akgün übte Kritik am Tragen des Kopftuches: „Das Kopftuch ist keine Vorschrift, sagen moderne islamische Theologen. Es ist keine Sünde ohne Kopftuch auf die Straße zu gehen.“

Hasspost und Nazivergleiche

Deligöz erhält aufgrund ihres Aufrufes in der „BamS“ nun Drohbriefe und zwar „zu 90 Prozent von Männern“, wie sie sagt. Auch die islamistisch-nationalistisch geprägte türkische Zeitung „Yeni Mesaj“ (Neue Nachricht) wirft Deligöz und Akgün vor, sie seien „in Deutschland zu Deutschen gemacht“ worden. Sie hätten sich „meilenweit von der türkischen und islamischen Identität entfernt“. Zudem setzten diese Politikerinnen eine „Nazi-Logik“ ein, um moslemische Frauen in Deutschland aufzurufen, das Kopftuch abzulegen. Das Blatt stellte etwa die Frage: „Welcher Unterschied besteht denn zwischen den Nazis und Euch?“

Tragen Frauen das Kopftuch aus Zwang?

Die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer (CDU), begrüßte den Aufruf der Politikerinnen. Für sie stellt das Kopftuch ein „politisches Zeichen der Abschottung“ dar. Wenn Frauen das Kopftuch unter Zwang tragen müssten, dann werde es sogar zu einem Symbol der Unterdrückung. Zudem widerspreche das Tragen des Kopftuches der Gleichberechtigung der Frau, die im Grundgesetzt verankert ist, heißt es in einem aktuellen Bericht der Tageszeitung „Die Welt“.

Studie: Kopftuch wird aus religiösen Gründen getragen

Eine jetzt veröffentlichte Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung unter Kopftuchträgerinnen ergab, dass das Tuch aus religiösen Gründen getragen wird. Der Einfluss männlicher Familienmitglieder spiele demgegenüber eine untergeordnete Rolle. Allerdings seien die Frauen in einem Umfeld sozialisiert, in dem alle Frauen ein Kopftuch trügen, sodass mit Sicherheit ein hoher normativer Druck vorliege.

Moslemische Feministinnen wehren sich indes gegen den Vorwurf, dass auf sie Druck ausgeübt werde. Sie führen vielmehr an, es sei der Westen mit seiner öffentlichen Sexualisierung und Vermarktung von Frauen, der sie unterdrücke.

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