Disco oder Besinnung? Karfreitag-Streit geht weiter

Der Landesparteichef der Grünen in Nordrhein-Westfalen, Sven Lehmann, und andere Grüne haben gefordert, den Karfreitag als stillen Feiertag abzuschaffen. Dagegen haben sich die Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Maria Flachsbarth, und der Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK), Thomas Rachel, gestellt.
Von PRO

Der Karfreitag, an dem die Christen der Kreuzigung Jesu gedenken, ist als Feiertag ein Sonderfall, da er zu den "stillen Feiertagen" gehört. "Zulässig an den ’stillen Feiertagen‘ sind nur Veranstaltungen religiöser oder weihevoller Art oder sonst ernsten Charakters, die dem besonderen Wesen dieser Feiertage entsprechen", heißt es etwa in einem Schreiben der kommunalen Aufsichtsbehörde.

Einige Grüne haben das Verbot von Unterhaltungsveranstaltungen an kirchlichen Feiertagen als nicht mehr zeitgemäß bezeichnet und die Abschaffung gefordert. Der Landesvorsitzende der NRW-Grünen, Sven Lehmann, sagte vergangene Woche gegenüber der "Rheinischen Post", die rot-grüne Koalition in NRW plane derzeit nicht, das Feiertagsgesetz des Landes zu ändern. Die Grünen wollten aber eine gesellschaftliche Debatte anstoßen. Doch auch in den eigenen Reihen erhob sich Widerspruch. Lehmanns Vorschlag sei "nicht vom Ende her gedacht", sagte etwa Oliver Keymis, Landtags-Vizepräsident der NRW-Grünen. Wer den Karfreitag abschaffen wolle, müsse sich konsequenterweise auch gegen die Sonntagsruhe aussprechen.

Auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte gegenüber der "Rheinischen Post": "Eine Änderung des Feiertagsgesetzes wird es mit mir nicht geben." Es müsse in einer Gesellschaft auch Tage zum Innehalten geben. "Der Karfreitag gehört dazu", betonte die Chefin der rot-grünen Minderheitsregierung. "An diesem Tag gedenken die Christen des Todes von Jesus Christus. Sie sind keine Minderheit in unserem Land." Eine Gesellschaft, der nichts mehr heilig sei, komme nicht voran, sagte Kraft und fügte hinzu: "Für mich als Christin hat der Karfreitag auch persönlich eine hohe Bedeutung."

Auch in anderen Bundesländern hat eine Debatte um das "Tanzverbot" an Karfreitag begonnen. Hessen sei ein christlich-abendländisch geprägtes Land, sagte der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) am Freitag. Deswegen sei es "richtig und wichtig, dass an den höchsten christlichen Feiertagen des Jahres nicht ‚Ramba Zamba‘ rund um die Uhr" sei.

"Egal, ob man an Jesus Christus glaubt, oder nicht"

Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag stellte sich am Montag hinter den Schutz des Karfreitages als "stillen Feiertag". "Der Karfreitag ist ein Tag der Stille und der Besinnung, der allen Menschen zugutekommt", erklärte die Abgeordnete Maria Flachsbarth, unter anderem Mitglied der Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz. "Gerade ein Tag, an dem Sterben und Trauer im Vordergrund stehen, wirft jeden Menschen – ganz gleich, ob er an Jesus Christus glaubt oder nicht – auf das Wesentliche zurück. Abschied von einem geliebten Menschen nehmen zu müssen, ist die schmerzlichste Erfahrung, die jeder von uns im Lauf seines Lebens machen muss." Es sei richtig, dass es am Karfreitag als "Tag der Entschleunigung" über die Arbeitsbefreiung hinaus auch einen Verzicht auf öffentliche Sportveranstaltungen, Tanz, Theater oder andere Großereignisse gebe. Flachsbarth wies die Behauptung der Grünen als falsch zurück, dass nur eine Minderheit in Deutschland für den Schutz christlicher Feiertage sei: "50 Millionen Menschen, die allein den beiden großen christlichen Kirchen angehören, sind beileibe keine Minderheit."

Auch der Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK), der Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel, prangerte die Forderungen Lehmanns zur Aufhebung der Karfreitagsruhe an. Sie zeugten "von einer bedenklichen Entfremdung von den religiösen und kulturellen Wurzeln unseres gemeinsamen Feiertagsschutzes", so Rachel. "Der Karfreitag dient in erster Linie der geistlichen Besinnung auf den Kreuzestod Jesu Christi und keineswegs den oberflächlichen Vergnügungen einer beliebig gewordenen Freizeit- und Unterhaltungskultur", erklärte der CDU-Politiker am Montag. "Ausgerechnet der Landesvorsitzende einer Partei, die für die Rechte vielfältigster Minderheiten in unserer Gesellschaft stets und mit Nachdruck einzutreten pflegt, lässt den nötigen Respekt vor den maßgeblichen Wertetraditionen des eigenen Landes schmerzlich vermissen." (pro)

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