Der neue Vorsitzende der Evangelischen Allianz, Michael Diener, setzt sich für einen Verbleib der Kirche in der Schwangerschaftskonfliktberatung ein – ein unter Evangelikalen strittiges Thema. "Ich habe als Dekan in der pfälzischen Landeskirche den tiefen ethischen Konflikt in dieser Frage kennengelernt", sagte Diener im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Daher sei er fest davon überzeugt, dass Frauen in dieser Situation nicht alleingelassen werden dürften. "Ich will aber auch klar sagen: Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche aus sozialer Indikation ist in unserem Land viel zu hoch." Damit sind Abtreibungen aus sozialen Notlagen gemeint.
"Wenn wir die Beratung an dieser Stelle ganz allein weltanschaulich neutralen Gruppen überlassen, dann wird der Schutz des Lebens nicht gerade stärker", begründete Diener seine Haltung. Ziel sei es, ergebnisoffen zu beraten, aber mit dem Ziel, das Leben zu schützen. "Wenn sich die Frau am Ende gegen das ungeborene Leben entscheidet, muss ich das schmerzlich hinnehmen."
Diener löst den Journalisten und christlichen Liedermacher Jürgen Werth an der Spitze der Evangelischen Allianz ab – ein Dachverband von mehr als einer Million pietistisch und evangelikal geprägter Christen aus Landes- und Freikirchen. Der Theologe war ab 1996 Gemeindepfarrer und später Dekan in der pfälzischen Landeskirche; seit 2009 ist der Vater zweier Kinder Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes in Kassel.
"Ökumene ist nicht das Wichtigste"
Im Streit um schwule Pfarrer und lesbische Pfarrerinnen bezieht Diener eine konservative Position: "Wir wollen schon weiter sagen und bekennen dürfen, dass wir praktizierende Homosexualität vom Zeugnis der Schrift her für Sünde halten und deshalb diesen Weg nicht gutheißen können." In einigen Landeskirchen dürfen offiziell homosexuelle Pfarrer mit ihren Partnern zusammenleben – so auch in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Doch vor allem unter konservativen und evangelikalen Christen ist dies umstritten.
Die Ökumene sei für ihn nicht das wichtigste Thema, sondern mehr Einheit unter evangelischen Christen, erklärte Diener. "Wir spüren, dass sich die evangelische Welt immer weiter zerklüftet." So entstünden ständig neue freie Gemeinden und Migrantengemeinden. "Jeder macht lieber seinen eigenen Laden auf als sich unter eine Dachmarke zu stellen." Dadurch sei der Rückhalt der Evangelischen Allianz geringer geworden. Während sich die Allianz zwar mit der katholischen Kirche in etlichen moralischen Fragen einig ist, stört sie sich an deren Hierarchie und ihrem Verhältnis von Heiliger Schrift und Tradition. Diener formuliert es so: "Wir brauchen keine Welteinheitskirche." (dpa/pro)