Die Zeit: Religion, eine Weltmacht

Gott starb auch im Jahr 2013 nicht, und der Glaube gestaltet die Welt mit wie eh und je. Das ist das Resümee von Evelyn Finger, der Leiterin des Ressorts Glauben und Zweifeln in der Wochenzeitung Die Zeit.
Von PRO
Religion war auch 2013 eine Weltmacht – im Positiven wie im Negativen, schreibt Evely Finger in der Zeit

In ihrem Rückblick auf die Rolle des Glaubens im vergangenen Jahr stellt Finger fest: Die meisten deutschen Politiker sprechen vorsichtshalber nicht vom Glauben. „Selbst christliche Parteien hüten sich heute, allzu deutlich von Jesus Christus zu sprechen.“
Zwar hätten die Deutschen einen Pfarrer als Bundespräsidenten und eine Pfarrerstochter als Bundeskanzlerin. „Doch Joachim Gauck predigt am liebsten Freiheit. Und Angela Merkel wies die Forderung nach einem Blasphemiegesetz zum Schutz religiöser Gefühle kühl zurück.“ In dem Buch „Daran glaube ich“ sage sie: „Unserem Staat ist verfassungsmäßig eine weltanschaulich-religiöse Neutralität auferlegt.“ Als Grund macht die Journalistin aus: „Glauben heißt: etwas für wahr halten, was man nicht sieht; auf etwas vertrauen, was vielleicht nie existierte.“ Finger fügt hinzu: „Im Zeitalter der Vernunft erscheint der Gottesglaube nicht nur unvernünftig, sondern auch naiv.“
Das zurückliegende Jahr habe gezeigt, welche politische Kraft vom Glauben noch immer ausgeht. Der Glaube habe einerseits Konflikte und Kriege entfacht, etwa in Syrien. Er habe eine Bevölkerung in Ägypten gespalten und im Iran autokratische Regime gestürzt. „Andererseits eignet sich der Glaube aber auch, politische Probleme mit einer Klarheit zu benennen, zu der die Politik schon lange nicht mehr fähig war: etwa die europäischen Flüchtlingsgesetze infrage zu stellen und eine weltweite Debatte über soziale Gerechtigkeit auszulösen – wie es der neue Papst getan hat.“
Papst Franziskus habe es geschafft, über Grenzen hinweg die Gottesbotschaft der Mitmenschlichkeit zu predigen. „Der Papst verkörpert einen Glauben, der unerbittlich ist in seiner Menschenfreundlichkeit. Wenn er Gerechtigkeit predigt und sich dabei auf Jesus beruft, dann meint er es nicht milde, sondern endgültig. Jesus ist für ihn keine Möglichkeit, sondern eine Tatsache.“
Dies alles zeige, dass die Religion eine „Weltmacht“ sei. Die Sehnsucht von Christen auf etwas, was über Erfolg und Besitz hinausgeht, nämlich Erlösung, habe politische Wirkung, bemerkt Finger.
„Denn Hoffende lassen sich mobilisieren. Im besten Fall: für eine Politik der Gerechtigkeit, Freundlichkeit, Freiheit. Im schlimmsten Fall: für eine Politik der Unterwerfung.“
Finger resümiert: „Die großen Vorhersagen zur Zukunft der Religion sind nicht eingetroffen: Gott ist nicht tot, die Welt hat sich nicht säkularisiert.“ (pro)

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