„Die Zeit“ kauft „Rheinischen Merkur“

Die in Bonn erscheinende überregionale katholische Wochenzeitung "Rheinischer Merkur" wird aufgelöst. Sie soll ab dem 1. Januar 2011 als Beilage der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" erscheinen.
Von PRO

Die Zeitung, die als Stimme des konservativ-katholischen Deutschlands gilt, soll an die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" verkauft werden. Wie der Chefredakteur des "Rheinischen Merkur", Michael Rutz, gegenüber dem "Deutschlandfunk" sagte, soll das neue Medium "diskursiven Charakter" haben und weiterhin gesellschaftspolitische Debatten anstoßen.

"Im nächsten Jahr wird eine Gruppe von Redakteuren eine Beilage für die ‚Zeit‘ produzieren, die dort ‚Rheinischer Merkur. Christ + Welt‘ heißen wird", sagte Rutz im Interview mit dem Sender. Sie solle "ein Schatzkästlein geistiger und geistlicher Inhalte rund um das große Thema der Religionen, der Kulturauseinandersetzungen, auch der gesellschaftspolitischen Debatten" werden.

Die wirtschaftliche Situation der Zeitung war in den vergangenen Jahren zunehmend schwieriger geworden. Derzeit gibt es dort noch 47 Mitarbeiter, davon etwa 20 in der Redaktion. Im zweiten Quartal wurde eine verkaufte Auflage von 64.000 Exemplaren gemeldet; davon waren 36.000 Abonnements. Vor zehn Jahren hatte die Auflage noch bei mehr als 100.000 gelegen. Die Bistümer unterstützten die Zeitung jedes Jahr mit 2,5 Millionen Euro.

Rutz betonte: "Unsere Redakteure saßen und sitzen in vielen Talkshows und sind Radiogesprächspartner und in Fernsehdebatten, und halten Vorträge und sitzen auf Podien in Akademien, immer mit dem Hintergrund, der uns als Aufgabe aufgegeben ist, nämlich eine politische Wochenzeitung zu machen aus christlichem Menschenbild heraus. Das haben die Leute auch vorzüglich gemacht und meine Kollegen sind teilweise preisgekrönte und immer hervorragende Journalisten, um die wir uns jetzt natürlich ein bisschen Sorgen machen."

Auf "Spiegel Online" hieß es, der "Rheinische Merkur" sei vielen Bischöfen seit Jahren "zu liberal und eigenständig" gewesen. Rutz erklärte, es stehe im Gesellschaftsvertrag, dass der "Merkur" eine Zeitung "im Geiste der gleichberechtigten Zusammenarbeit beider Konfessionen" sein solle. Das bedeute auch ein großzügiges Angebot an die Ökumene der katholischen Bischofskonferenz. Der "Merkur" sei also immer eine Zeitung "aus der Mitte der Gesellschaft und aus der Mitte der Kirche heraus" gewesen. Rutz: "Dass das nicht immer den jeweiligen Flügeln gepasst hat, das erlebt man, das erlebt jede Zeitung, jedes Medium."

Der "Rheinische Merkur" sei in der Kommunikationsvarianz der Kirche ein "Flaggschiff" gewesen und habe "in die Gesellschaft hinein gewirkt", so der Chefredakteur. "Wir waren das Forum, wo die wesentlichen Debatten auch stattfanden."

Die "Zeit" hatte erst im Februar das neue Ressort "Glauben und Zweifel" gegründet. Für die neue sechsseitige Beilage sollen voraussichtlich sechs bis sieben Redakteure arbeiten. Der Mediendienst "Kress" berichtet, der "Rheinische Merkur" solle ab kommendem Jahr als Beilage ausschließlich den bisherigen Abonnenten der katholischen Wochenzeitung zugestellt werden. Abonnenten und Kiosk-Käufer der "Zeit" bekämen die Beilage demnach nicht.

In einer Pressemitteilung der Bischofskonferenz heißt es, die Zusammenarbeit mit der "Zeit" sei gewählt worden, "um den publizistischen Markenkern" der Wochenzeitung fortzuführen. Man wolle vor allem jüngere Zielgruppen mit den Themen interessieren. Das Durchschnittsalter der "Merkur"-Leser liegt bei 60 Jahren.

Träger der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur" aus Bonn sind die katholischen Bistümer, vor allem die Bistümer in Nordrhein-Westfalen und hier das Erzbistum Köln mit Kardinal Joachim Meisner an der Spitze. Der "Merkur" wurde 1946 in Koblenz mit einer Lizenz der französischen Besatzungsmacht gegründet. Der Name sollte an eine Zeitung des katholischen Publizisten und frühen Demokraten Joseph Görres (1776-1848) anknüpfen. Gründer und erster Chefredakteur nach dem Krieg war der Journalist Franz Albert Kramer. 1980 fusionierte die Zeitung mit der evangelischen "Deutschen Zeitung/Christ und Welt". Vor zehn Jahren schloss die Evangelische Kirche bereits ihr "Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt" und ersetzte es durch die Magazin-Beilage "Chrismon". (pro) 

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