Die Vernetzweltlichung der katholischen Kirche

Die katholische Kirche tut sich noch schwer mit dem Internet und sozialen Netzwerken, ist in diesem Gebiet aber "beherzt" auf dem Vormarsch. Das hat der "Medienbischof" der katholischen Kirche, Gebhard Fürst, in einem Gespräch mit dem journalistischen Fachmagazin "Medium" betont.
Von PRO

Seit dem 27. September ist das Internetportal "katholisch.de" mit einem neuen Konzept online. Laut Fürst, der seit 2007 Vorsitzender der "Publizistischen Kommission" in der Deutschen Bischofskonferenz ist, soll sich die Seite, anders als ihr Vorgänger, nicht nur eine "binnenkirchliche Reichweite" haben, sondern sich auch an Menschen außerhalb der Kirche richten. Die Seite biete unter anderem Gottesdienstübertragungen und ein TV-Magazin, das rund um die Uhr über kirchliche Fragen informiere. Die neuen Kommunikationsformen, die sich durch das Internet ergeben, sieht Fürst jedoch auch kritisch.

Schutz für die Internetnutzer

Vor allem müsse sich die Kommunikation ändern, fordert der Bischof von Rottenburg-Stuttgart. Es gebe einen "ganzen Wust von übler Nachrede, Beleidigung, Denunzierung und Mobbing", Menschen würden "sozial hingerichtet". Dies dürfe nicht so bleiben, "wenn unsere Gesellschaft, unsere Kultur, die Humanität nicht Schaden nehmen sollen".

Einerseits gelte es daher, die Medienkompetenz der Internetnutzer zu stärken. So gebe es etwa Richtlinien für kirchliche Mitarbeiter zum Verhalten im Netz. Andererseits sei zu überlegen, wie die Persönlichkeitsrechte im Internet technisch und juristisch "bestmöglich" zu schützen seien. Da viele Betreiber jedoch anonym blieben und die Server im Ausland stünden, sei es schwierig, gegen sie vorzugehen.

Stimme der Katholiken

Nicht zuletzt deshalb sei das Ziel des neuen Internetportals "katholisch.de", die Meinungsführerschaft für alles zu werden, was unter dem Etikett "katholisch" im Internet zu finden sei. "Es ist inakzeptabel, dass ein unbefangener User, der die kirchliche Situation in Deutschland womöglich nicht gut kennt, durch kriminelle, menschenverachtende und hetzerische Portale den Eindruck gewinnt, das sei die Stimme der katholischen Christen."

Vor drei Wochen hatte die Internetseite "Kreuz.net", die vorgibt, für "katholische Nachrichten" zu stehen, für einen Eklat gesorgt. Zum Tod des am 1. Oktober dieses Jahres verstorbenen Comedian Dirk Bach titelte sie "Jetzt brennt er in der ewigen Homo-Hölle". Der Berliner "Bruno Gmünder Verlag", der Bücher für schwule Männer herausgibt, hatte "Kreuz.net" daraufhin angezeigt und außerdem ein "Kopfgeld" in Höhe von 15.000 Euro für die "Hintermänner" der Seite ausgerufen.

Ein weiterer Grund für das Engagement der Kirche in Internet und Web 2.0 sei, dass die Netzwelt "nun einmal da" und für viele Menschen ein wichtiges Mittel der Kommunikation sei. Für diese gelte: "Wenn Gott und die Kirche im Netz nicht vorkommen, gibt es sie gar nicht." Fürst gab jedoch zu, dass die katholische Kirche in diesen Feldern "noch nicht sehr intensiv aufgestellt" sei. "Da müssen wir experimentieren."

"Aufmerksamkeit um jeden Preis"

Säkularen Medien wirft Fürst vor, durch "Verzicht auf Differenzierung", durch Zuspitzung und Skandalisierung um Aufmerksamkeit zu buhlen. Die katholische Kirche sei dabei ein "beliebtes Objekt", da sie oft dem Mainstream entgegenstehe. "Das erzeugt Reibung, Widerstand und Aggression." Zum Teil sei das jedoch ein gutes Zeichen, denn "Beachtung finden schließlich nur Institutionen, die der Gesellschaft auch was bedeuten".

Die mediale Aufmerksamkeit, die der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche im Jahr 2010 hervorgerufen habe, bezeichnet Fürst indes als "eigenartiges Phänomen". Bereits 2002 habe die Bischofskonferenz Richtlinien für den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in Kraft gesetzt, darunter etwa "Transparenz statt Vertuschung". Doch dann sei 2010 der "Pauschalvorwurf" gekommen, die katholische Kirche hätte nichts getan.

Bezüglich des Titelblatts des Satiremagazins "Titanic", das im Juli dieses Jahres den Papst mit einer befleckten Soutane zeigte, machte Fürst auf ein aus seiner Sicht "rechtliches Dilemma" aufmerksam: Im Fall einer Blasphemie greife das Staatsrecht nur, wenn der öffentliche Friede gefährdet sei. "Dies könnte ja geradezu als Einladung an jene empfunden werden, die sich in ihrem religiösen Empfinden verletzt fühlen, erheblich aggressiv vorzugehen."

"Medium" ist eine 1986 gegründete Fachzeitschrift für Journalisten, die acht Mal im Jahr erscheint. Nach eigenen Angaben hat sie eine Auflage von 20.050 Exemplaren. Seit 2004 vergibt sie einen Preis "Journalist/in des Jahres" und weitere Sonderpreise für Journalisten. (pro)

Das gesamte Interview lesen sie in der Oktober/November-Ausgabe von "Medium".

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