Statt auf die Unterschiede zu achten, sollten die Deutschen mehr „auf die Traditionen offener Gesellschaften“ vertrauen. Diese seien „das Beste“, was Menschen bisher erreicht hätten. Andernfalls „unterwerfen wir uns freiwillig“, sagte Barbara John im Interview der Zeitung Die Welt. Auf Veränderungen in der Gesellschaft müsse mit einem Blick nach vorn reagiert werden. Es brauche Vertrauen und Wohlwollen, um friedlich, konstruktiv, „aber nicht konfliktfrei“, zusammenzuleben. „Die ethnisch oder religiös homogene Gesellschaft gibt es eben nicht mehr, fast nirgendwo“, sagte John „Wir kommen nicht weiter, wenn wir bei Menschen, die unsere Nachbarn sind, mit denen wir Geschäfte machen, permanent nach Unterschieden suchen und sie zwingen, so zu werden wie wir.“ Sonst werde eine kollektiv verordnete Kultur beschworen, der sich jeder Einzelne unterzuordnen habe.
Nicht auf jede kulturelle Eigenheit oder „jeden Spleen“ müsse „mit der Gesetzesmaschinerie und gesellschaftlicher Verteufelung“ reagiert werden. „Wenn wir so weitermachen – ängstlich und kleinmütig – und uns auf jeden Normabweichler stürzen, als hätte er Macht und Einfluss, die wesentlichen Werte nur durch seine Anwesenheit und seine Praktiken abzuschaffen, stellen wir uns ein Armutszeugnis aus“, sagte sie. Sie betonte, dass es gegenüber bestimmten Praktiken wie Zwangsheirat oder Beschneidung natürlich Abgrenzungen geben müsse. Es dürfe aber nicht „mit der Lupe“ danach gesucht werden. Als Beispiele nannte sie die Diskussion um ein Kopftuchverbot oder Empörung darüber, wenn Muslime aus religiösen Gründen nicht die Hand schüttelten. Dies würde die westliche Kultur nicht beschädigen.