Am Sonntagabend drängten sich 45.000 Fans in die LTU-Arena in Düsseldorf, um möglichst gute Plätze zu bekommen. Madonna, der weibliche Superstar schlechthin, lud ihre deutschen Fans zu einer zweistündigen Audienz. Ein Besuch bei ihrer „Confessions“-Tour (zu deutsch „Beichte“) in Deutschland war so manchem 200 Euro wert. Die Show war komplett ausverkauft.
Eine Szene darin hatte bereits im Vorfeld für Protest und damit für Wirbel in den Medien gesorgt: Madonna sollte während eines Liedes symbolisch gekreuzigt werden. Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann kritisierte diese Respektlosigkeit: „Für uns als Christen ist das Kreuz das Zeichen für das Leiden und Sterben Jesu, es hat für uns einen tiefen religiösen Inhalt. Was hier zur Show gemacht wird, tut uns weh, verletzt unsere religiösen Gefühle.“ Mit ihren katholischen Kollegen war sie einer Meinung: „Sich selbst an die Stelle Jesu zu setzen, auch nur symbolisch, ist eine Selbstüberschätzung ungeheuren Ausmaßes.“ Eigentlich habe sie Madonna mehr zugetraut, „gerade weil sie sich ja selbst als religiös bezeichnet. Aber vielleicht kann ein alternder Star nur noch zusätzliche Aufmerksamkeit erregen, wenn er religiöse Gefühle verletzt“. Sie empfahl, Madonna einfach ganz zu ignorieren. „Stars beenden ihre Karriere, der christliche Glaube bleibt.“
Kreuzigung war Statement zu AIDS
Aufgrund von Berichten über vorangegangene Konzerte der Sängerin wollte dann auch die Staatsanwaltschaft genau verfolgen, was auf der Bühne passiert. Ein Bürger aus Neuss hatte Anzeige gegen den amerikanischen Star erhoben, wegen Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses. Doch die deutschen Gesetzeshüter sahen keinen Anlass, Madonna ihre Show zu verbieten: Die Verwendung von Symbolen wie Kreuz und Dornenkrone sei zwar vielleicht „für religiöse Menschen verletzend“, so die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft am Montag, eine Straftat sei aber nicht zu erkennen gewesen.
Beim Lied „Live To Tell“ hing Madonna dann mit einer Dornenkrone auf dem Kopf an einem Kreuz. Gleichzeitig wurden dazu auf Video-Leinwänden Bilder und Statistiken über an AIDS gestorbene Kinder sowie Internet-Adressen von Stiftungen eingeblendet. „Es ging darum, auf einen bestimmten Zweck plakativ hinzuweisen“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken. Die nachgestellte Kreuzigung sei durch die Kunstfreiheit gedeckt.
„Madonna erinnerte weniger an einen Märtyrer, als vielmehr an eine selbst ernannte Popgöttin, die sich in der Rolle des Provokateurs immer noch am besten gefällt“, berichtete die Düsseldorfer „Rheinische Post“ anschließend. Auch bei der gesamten restlichen Show habe Madonna „in die pseudo-religiöse Kitsch-Kiste“ gegriffen.
Im Laufe ihrer Karriere beschäftigte sich Madonna immer wieder mit Religion. In den 80er Jahren machte sie Kruzifixe als Mode-Accessoires zum Kult, sie ließ in einem Video einen schwarzen Jesus auferstehen und tanzte vor brennenden Kreuzen „Like a Prayer“ („Wie ein Gebet“). Biblische Bilder nahm sie in ihre Shows ebenso auf wie Kritik an der katholischen Kirche. Ende der 90er Jahre wandte sie sich dem Buddhismus zu und danach der jüdischen Geheimlehre Kabbala. Seitdem spendet sie unter dem Namen „Esther“ Millionenbeträge an Kabbalisten und reist nach Israel.
Beim Konzert in Düsseldorf rangelten zwei Tänzer miteinander: Der eine mit dem jüdischen Davidstern, der andere mit dem islamischen Halbmond auf der nackten Brust. Madonna selbst versöhnt die beiden im Tanz. Eine offensichtlich moslemische Frau, eingehüllt in eine Burka, tanzt in einem Käfig und wird befreit – von Madonna. Im Hintergrund sind auf der Leinwand Terroristen, Politiker und Diktatoren zu sehen. Einmal zeigen die Bilder erst US-Präsident George W. Bush und gleich danach Hitler und den Diktator Pinochet.
Nach exakt zwei Stunden musikalischen Unterrichts in Religion, Politik und Pop gingen die Lichter im Saal an, und zurück blieb eine handschriftliche Notiz der Pop-Ikone: „Have you confessed?“ – Habt ihr schon gebeichtet?