Die Macht des Glaubens

3,2 Millionen Menschen feiern den Weltjugendtag in Brasilien, fast die gleiche Zahl muslimischer Gläubiger pilgert am anderen Ende der Welt gen Mekka. Die aktuellen Beispiele haben die Macher der Zeitschrift P.M. Perspektive dazu veranlasst, nach der Macht des Glaubens zu fragen und danach, welche Rolle Religion im menschlichen Leben spielt. Eine Rezension von Johannes Weil
Von PRO

Im ersten Artikel der P.M.-Ausgabe „Die Macht des Glaubens“ fragen die Autoren, warum Menschen glauben. Dafür haben Neurowissenschaftler verschiedene Erklärungsansätze. Einige sehen Gott als Halluzination des menschlichen Schläfenlappens, andere meinen, dass Gott nicht auf irgendwelche Hirnaktivitäten reduziert werden könne, weil er in seinem Wirken unergründlich bleibe. Was Forscher herausgefunden haben, ist, dass die Solidarität in einer Gemeinschaft größer ist, je teurer, anstrengender und gefährlicher die Opfer sind, die ihr Glauben den Gruppenmitgliedern abverlangt. Der amerikanische Biologe Dean Hamer meint, ein „Gottes-Gen“ in der DNA des Menschen gefunden zu haben.

Siegeszug des Christentums

Danach widmet sich das Heft den einzelnen Religionen, beginnend mit dem Christentum. Mehr als zwei Milliarden Christen verehren Jesus Christus als Gottes Sohn, die Bibel ist mit 2,5 Billionen verkauften Exemplaren das immer noch meistgelesene Buch der Erde, nennen die Autoren einige Fakten. Einen entscheidenden Faktor für die Verbreitung der „kleinen jüdischen Sekte“ sieht Religionswissenschaftler Peter Antes in der Gleichbehandlung aller Menschen, egal ob Sklaven und Freie oder Arme und Reiche.
Jesus habe revolutionäre Dinge gepredigt, indem er Religion nicht in erster Linie als Befolgen von Geboten sah, sondern die Feindes- und Nächstenliebe verkündigte. Durch seine Auferstehung von den Toten und der Botschaft vom baldigen Reich Gottes konnte er weitere Anhänger gewinnen. Auch die Unterdrückung durch die Römer habe der Ausbreitung des Glaubens letzten Endes geholfen.
Im Laufe der Geschichte schreckten die Christen selbst nicht vor Gewalt zurück. Der Reformator Martin Luther habe dann ein paar Jahrhunderte später deutliche Missstände der Kirche angeprangert. Bis heute hätten sich überzeugte Atheisten wie etwa Friedrich Nietzsche am Christentum „mit seinem Mitleid und seiner Hilfsbereitschaft, die er als Sklavenmoral verteufelt“, abgearbeitet. Trotzdem sei es die unangefochtene Nummer eins der Weltreligionen.

Lesen, Verstehen und Diskutieren

Exemplarisch für das Judentum stellen die Autoren die Arbeit des Berliner Rabbiners Reuven Konnik vor. In seiner Religion komme es auf „Lesen, Verstehen und Diskutieren“ an, sagt der Rabbiner. Vier Jahre habe seine Ausbildung gedauert. Als Rabbiner sei er Teil einer Tradition, die sich immer wieder aus sich selbst heraus erneuert. „Am Sabbat wenden wir uns von der Welt des Materiellen ab und der Welt der Spiritualität zu.“
Ähnlich wie bei Christen- und Judentum ist die Historie des Islam auch eine Geschichte von Macht- und Richtungskämpfen. Mohammed beginnt aufgrund einer Vision, seine Botschaft zu verkündigen. Er behauptet nie, ein Messias oder Gottessohn zu sein, sondern stellt sich in eine Reihe von Propheten. Vor allem die ersten Jahrzehnte des neuen Glaubens sind entscheidend für die Rituale, Lehren, Legenden und Konflikte, die bis heute fortwirken. Weil die Nachfolgeregelung nach Mohammeds Tod unklar ist, teilt sich der Islam in Sunniten und Schiiten. Der Koran gilt den Muslimen als Gottes Wort, dem keine weiteren Botschaften folgen werden. Gestützt ist der Glaube auf fünf Säulen. Bis heute gibt es keinen einheitlichen Islam. Der Islamhistoriker Heinz Halm schreibt dazu: „Islam ist, was die Muslime daraus machen.“

Aus dem Erwachten wird Buddha

Der Begründer des Buddhismus, Siddharta Gautama, wächst in einer Welt des Wohlstandes auf. Sein Glaube an die ursprünglichen Götter ist erstarrt. Auch die Zeiten der Entsagung haben ihn nicht zur erhofften Befreiung gebracht. Einzig durch Beobachtung und Mediation wird er zum „Erwachten“: dem Buddha. Er entschließt sich, sein Wissen weiterzugeben, gibt Belehrungen und findet auf seiner Wanderschaft immer neue Anhänger für seine „vier edlen Wahrheiten“: dem Herzstück seiner Lehre.
Stellvertretend für die Glaubenswelt der Hinuds wird die „heiligste Stadt der Religion“ vorgestellt: Varanasi. Die drittgrößte Weltreligion vereinigt diverse religiöse Strömungen in Indien. Allen gemeinsam ist der Glauben an die Reinkarnation. Demnach wandert die unsterbliche Seele des Menschen nach dessen Tod in einen anderen Körper. Ziel der Hindus ist es, diesen ewigen Kreislauf zu überwinden und ins Nirwana zu gelangen.
Am Ende des 100-seitigen Heftes steht ein Artikel zum „Comeback“ der Religionen. Sowohl alte als auch neue Religionen würden Zulauf erfahren. Eine Frau berichtet, dass sie im katholischen Glauben „Urvertrauen“ gefunden habe. Auch die Zahl buddhistischer Gruppen ist in Deutschland gestiegen: in den vergangenen 30 Jahren von 15 auf über 600. Der Artikel betont, dass auch die Religion eine Art Überschaubarkeit im Alltag stillt.
Illustriert werden die wichtigsten Fakten zu den fünf Weltreligionen durch Graphiken, etwa in einer Übersicht über deren Verteilung. Die Speiserituale und das Element Wasser spielen dort eine wichtige Rolle. Die Macher des Heftes beantworten zudem wichtige Fragen zum Glauben und tragen interessante Fakten übersichtlich zusammen. Bis auf den ersten Artikel, der für gläubige Christen etwas seltsam anmutet, weil er Gott als Hirngespinst abtut, bietet das Heft einen guten und interessanten Einblick in die Weltreligionen. Selbst Kenner des Themas werden das eine oder andere Neue entdecken. In den einzelnen Beiträgen jedenfalls kommen namhafte Wissenschaftler zu Wort: dadurch ist das Heft durchaus eine lohnenswerte Investition. (pro)

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