Die Bibel: Punkt für Punkt ertastet

In mehr als 50 Ländern verbreitet der "Weltverband der Bibelgesellschaften" gemeinsam mit seinen Partnern biblische Texte in Blindenschrift. Zum Welt-Braille-Tag am 4. Januar hat pro mit dem blinden, christlichen Musiker Thomas Steinlein über seine Erfahrungen mit der Bibel zum Ertasten gesprochen.
Von PRO
"Ich habe mehrere Übersetzungen der Braille-Bibel: die Hoffnung für Alle, die Einheitsbibel, die Gute Nachricht, die Elberfelder. Insgesamt füllen die ganzen Bände ein großes Regal in meinem Arbeitszimmer, das 2,50 Meter hoch und 2 Meter breit ist", beschreibt Steinlein. "Die Lutherbibel hat beispielsweise 32 Bände." Mittlerweile nutzt der Musiker mehr Online- oder Hörbibeln. "Das ist einfach praktischer", erklärt er.

Eine Rarität aus den 1950er Jahren


Besonders stolz ist der Sänger auf seine Braille-Ausgabe der Menge-Bibel. "Die wurde in den 1950er Jahren hergestellt und wird jetzt nicht mehr gedruckt. Sie ist eine wahre Rarität, davon gibt es nur wenige Exemplare." Als Steinlein bei einer Freizeit war, wollte das Heim die Bibelbände entsorgen, doch er habe sie "gerettet". Nun verleiht er sie für die nächsten drei Jahre an eine Bibelschülerin für ihre theologische Ausbildung.

Wenn Steinlein in seine Gemeinde oder in den Hauskreis geht, hat er keine Bibel dabei: "Vieles habe ich im Kopf. Ich schleppe nicht ständig eine Bibel mit mir herum. Für spezielle Anlässe habe ich manchmal ein bis zwei Bände dabei. Aber mehr passt nicht in die Tasche." Leichter zu transportieren sei die Losung der Herrnhuter Brüdergemeine. "Die gibt es jährlich in sechs Zwei-Monats-Heftchen, und die kann man auch überall hin mitnehmen."

4. Januar: Welt-Braille-Tag


Der Welt-Braille-Tag wird am Geburtstag von Louis Braille (1809 bis 1852) gefeiert. Der Franzose erfand 1825 das System der Blindenschrift. Es handelt sich um eine Kombination von jeweils sechs Punkten für einen Buchstaben, mit denen das ganze Alphabet dargestellt werden kann. Die Punkte werden mit den Fingern ertastet.

Für viele blinde Menschen in Entwicklungsländern bedeutet die Kenntnis der Blindenschrift mehr Unabhängigkeit, den Zugang zu praktischen Hilfen im Alltag und größere Anerkennung in der Gesellschaft, teilt die "Deutsche Bibelgesellschaft" mit. Oft sei das Braille-Alphabet in der jeweiligen Sprache erstmals für die Bibel entwickelt worden.

Biblische Texte in der Punkte-Schrift sind in rund 200 Sprachen verfügbar. Die komplette Bibel für Blinde liegt heute in 40 Sprachen vor. Dazu zählen Sprachen mit großer Verbreitung wie Englisch, Spanisch, Französisch, Arabisch und Chinesisch, aber auch eine Reihe indischer und philippinischer Sprachen wie Hindi, Tamil und Tagalog. Auf Deutsch erschien die Bibel im Braille-System 1909 erstmals komplett. An der vollständigen Publikation in weiteren Sprachen wird in verschiedenen Projekten der Bibelgesellschaften gearbeitet.

Herstellungskosten mindestens 450 Euro

Die ganze Bibel in Blindenschrift umfasst rund 40 Bände und wiegt etwa 40 Kilogramm, erläutert die "Deutsche Bibelgesellschaft". "Eine Bibel in Braille-Schrift kostet in der Herstellung mindestens 450 Euro", erklärt Ingrid Felber-Bischof, die in Stuttgart für den Weltverband der Bibelgesellschaften die Programme für Menschen mit Sehbehinderung koordiniert. Laut Dachverband der evangelischen Blinden-
und evangelischen Sehbehindertenseelsorge kostet aktuell eine Lutherbibel 1.200 Euro. Jedoch könne dieser Preis durch Zuschüsse verringert werden.

Steinlein erinnert sich: "Vor circa zwölf Jahren habe ich meine letzte Braille-Bibel gekauft. Es war die Gute Nachricht, die aus vier Evangelien-Bänden und zwei Psalmen-Bänden besteht. Die Bibel hat damals zwischen 200 und 250 DM gekostet." (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/musik.html?&news[action]=detail&news[id]=5816
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