„Eine Frau zu sein ist schön, aber eben riskant“, sagte Barbara Eschen, Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz, am Montag vor Journalisten in Berlin. Anlässlich des Internationalen Tages für die Beseitigung der Armut fordern in der Konferenz organisierte Experten aus Verbänden und Kirchen deshalb laut Eschen: „Frauenarmut muss abgeschafft werden.“
Zwar liege das Armutsrisiko von Frauen nur gut ein Prozent höher als das des deutschen Durchschnitts. Im Alter steige der Unterschied aber auf über drei Prozent. Besonders bei der Rente mache sich die Geschlechterungerechtigkeit bemerkbar: 1.043 Euro erhielten Männer im Durchschnitt, 617 Euro Frauen. Ein Effekt, der aus verschiedenen Faktoren entstehe. Frauen kümmerten sich etwa doppelt so oft um Kinder und Angehörige als Männer – oft zu Lasten der Karriere und damit des für die Rente angerechneten Gehalts. Überwiegend weiblich besetzte Berufe, zum Beispiel in der Pflege, seien zudem wesentlich schlechter bezahlt als typisch männliche. Alleinerziehende Frauen haben es demnach besonders schwer. Knapp die Hälfte von ihnen ist von Armut betroffen.
Ehegattensplitting abschaffen
Sophie Schwab, stellvertretende Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz, forderte deshalb politische Konsequenzen: Pflegeberufe zum Beispiel sollen besser bezahlt und die Pflege von Angehörigen und Kinderbetreuungszeiten stärker anerkannt und finanziell ausgeglichen werden. Auch die Abschaffung des Ehegattensplittings gehört zu dem Forderungskatalog der Armutskonferenz, in der neben dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland auch die Caritas organisiert ist. An dessen Stelle soll eine individuelle, eheunabhängige steuerliche Entlastung stehen. Auch eine Anhebung des Mindestlohns steht im Forderungskatalog der Armutskonferenz sowie ein Ausbau der Kinderbetreuung in Kindertagesstätten.
Schwab äußerte Bedenken hinsichtlich einer möglichen Jamaika-Koalition: Man werde „scharf beobachten“, ob FDP und Union Ausnahmen für Mindestlöhne durchsetzen wollten. Von den Grünen hingegen erhoffe sich die Armutskonferenz ein Einstehen für die Forderung eines höheren Mindestlohns, erklärte Eschen. Notwendig sei die Umsetzung von Lösungsvorschlägen allemal, warnte Sozialwissenschaftlerin Gisela Notz. Sie sieht in der Frauenarmut „das nächste große Problem“ nach der Flüchtlingskrise.
Von Anna Lutz