Raheb freue sich über die Anerkennung seiner harten und leisen Arbeit unter schwierigsten Umständen, erklärte er am Freitagabend bei der festlichen Preisverleihung gegenüber den zahlreichen prominenten Medienschaffenden im Publikum. "Palästina ist meine Heimat und das Christentum mein Glaube", bekundete der Geistliche, der den Preis des Mediendienstleisters und Marktforschungsunternehmens "Media Control" laut Jury für seine "Begegnungsstätte" in Bethlehem, die eine "Alternative zu Gewalt und Radikalisierung" darstelle, erhalte. "Frieden im Heiligen Land muss unser aller Auftrag sein", so Raheb weiter. "Mauern zu bauen und das Land für Siedlungen zu enteignen, wie jetzt in Bethlehem der Fall, oder Gewalt anzuwenden, egal aus welchem Grund und auf welcher Seite, darf nicht einfach hingenommen werden." Er beklagte, dass es in seiner Region gefährlich sei "zu denken", und auch die Forderung nach Meinungsfreiheit werde nicht gern gesehen.
Glückwünsche für Raheb kamen vom Lutherischen Weltbund, der seine Arbeit als ein Vorbild für "gewaltlosen Widerstand gegen die Besatzung" bezeichnete. Die katholische "Friedensorganisation" "Pax Christi" nannte Raheb einen "Visionär, der die Hoffnung auf eine bessere und gerechtere Zukunft für Palästina und Israel nicht aufgibt", meldet der Evangelische Pressedienst (epd). Auch aus den Reihen der evangelischen Kirchen bekam Raheb Rückendeckung, unter anderem von den Landesbischöfen von Baden und Pommern, Ulrich Fischer und Hans-Jürgen Abromeit.
Der frühere Bundespräsident Roman Herzog sprach in seiner Laudatio von einem weltweiten Trend, die Verantwortung für Menschlichkeit nicht allein dem Staat zu übertragen, sondern auch einzelnen Persönlichkeiten, heißt es in einem Bericht der Deutschen Presseagentur (dpa).
"Raheb vertritt antisemitische Ansichten"
Christliche und jüdische Gruppen in Deutschland haben die Auszeichnung Rahebs im Vorfeld scharf kritisiert. Raheb ist einer der hauptverantwortlichen Verfasser des sogenannten "Kairos-Papiers", das Israel die alleinige Schuld am Nahostkonflikt gibt und den Boykott israelischer Waren fordert. Der Leiter des deutschen Zweiges der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem, Gottfried Bühler, forderte Alt-Bundespräsident Roman Herzog in einem Brief auf, von der Laudatio auf den Preisträger abzusehen: "Mitri Raheb fördert mit seinen Taten gerade nicht die ‚Menschlichkeit‘, sondern gießt durch seine radikalen theologischen Ansichten Öl in das Feuer des Nahostkonflikts", schrieb er. Raheb vetrete antisemitische Ansichten, die er mit theologischen Scheinargumenten untermauere. Millionen christlicher Israelfreunde seien mit großer Besorgnis erfüllt. Der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit bezeichnete die "palästinensische Befreiungstheologie" Rahebs als "geradezu antisemitisch". Mehrere israelfreundliche Verbände in Deutschland sammelten Unterschriften gegen die geplante Preisverleihung an Raheb.
Der Preisträger selbst sieht sich in einem von mehreren deutschen Medien aufgegriffenen Interview als Opfer von "rechtsradikalen christlichen Zionisten", die Lügen über ihn verbreiteten. "Diese Leute wollen keinen sachlichen Dialog führen, sondern die Menschen gegen mich aufhetzen, weil sie wissen, dass ich ein Ansehen in Deutschland genieße", wird er beispielsweise auf dem Kirchenportal "evangelisch.de" zitiert. Roman Herzog nahm in seiner Laudatio Stellung zu der Kontroverse: Er berichtete, dass er von einigen christlich-jüdischen Vereinen dazu aufgefordert worden sei, auf seinen Auftritt zu verzichten. Andere Gruppen wiederum hätten diesen Aufrufen widersprochen. Er habe sich nicht in diese Debatte einmischen wollen und sei deshalb wie verabredet erschienen.
Der Deutsche Medienpreis wird seit 1992 von "Media Control" verliehen. Über die Preisträger entscheidet eine Jury aus Chefredakteuren der auflagenstärksten Tageszeitungen und Zeitschriften Deutschlands. Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderen der frühere US-Präsident Bill Clinton, der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, der Sänger Bono, die Tennisspielerin Steffi Graf und Bundeskanzlerin Angela Merkel. 1995 wurden der damalige Palästinenser-Präsident Jasser Arafat und – posthum – der ermordete israelische Premierminister Jitzhak Rabin geehrt. (pro)