Bei der Berichterstattung über den Nahost-Konflikt verwechseln deutsche Medien gerne Täter und Opfer. Das zeigen auch die beiden jüngsten Tragödien in Israel. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Von PRO
Foto: Ines Seidel, flickr
Oft keine gute Quelle: Deutsche Zeitungen beim Thema Israel
„Wenn es Juden an den Kragen geht, davon sind die meisten Deutschen überzeugt, sind sie selbst dafür verantwortlich“, heißt es diese Woche im Blog Die Achse des Guten. Anlass ist die unausgewogene Berichterstattung der Medien über zwei Vorfälle, die Israel derzeit beschäftigen.
Da ist die Entführung dreier israelischer Jugendlicher durch die radikal-islamische Hamas, wie der israelische Geheimdienst weiß. Die Spiegel-Online-Korrespondentin Julia Amalia Heyer macht in ihrem Bericht aus den Teenagern „Siedler“, die „verschwunden“ sind. Sie heftet den Opfern ein Täter-Stigma an, und das, obwohl zwei der drei Jungen gar nicht in den umstrittenen Siedlungen wohnen. Heyer ist ohnehin weniger besorgt um die Jugendlichen, als viel mehr um die „propagandistische Ausschlachtung“ der Tragödie durch Premierminister Benjamin Netanjahu, dem die ganze Sache politisch in die Hände spiele. Dabei zeichnet sich ab, dass dem eben nicht so ist, falls Netanjahu nämlich ein Gefangenenaustausch angeboten wird.
Entführte Teenager gegen verurteilte Kriminelle – das geht nicht gut. So steht seit Montag ein Palästinenser vor Gericht, der einen israelischen Familienvater ermordet haben soll – der Täter war 2011 zusammen mit mehr als 1.000 Häftlingen für den entführten Soldaten Gilad Schalit freigelassen worden. Netanjahu wird eventuell vor eine unbequeme Entscheidung gestellt.
Im gleichen Artikel bewertet Heyer die Wahrscheinichkeit, dass die Hamas hinter der Entführung steckt, als „eher gering“. Trotz ihres Büros in Tel Aviv scheint es der Journalistin entgangen zu sein, dass Führer der Hamas immer wieder öffentlich zur Entführung von israelischen Staatsbürgern aufgerufen haben. Heyer erwähnt ferner die israelischen Luftschläge gegen terroristische Strukturen im Gazastreifen. Sie verschweigt, dass diese eine Reaktion auf dutzende Raketenangriffe aus Gaza auf Israel sind, schreibt aber andererseits vielsagend: „Was das vor allem für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen bedeutet, weiß man inzwischen nur allzu genau. Als wäre das Verschwinden der drei jungen Männer nicht bereits tragisch genug.“ Veröffentlicht als normale Nachrichtenmeldung, nicht etwa als Kommentar.
Studie: Antisemitismus unter Intellektuellen
Nicht viel differenzierter berichtet die Süddeutsche Zeitung. Als Anfang der Woche ein 13-jähriger Israeli auf dem Golan durch einen aus Syrien organisierten Anschlag ermordet wurde, schrieb das Blatt: „Was er in dem gefährlichen Gebiet zu suchen hatte, ist unklar.“ Der Junge, der übrigens ein arabischer Israeli mit Namen Muhammad war, wollte den ersten Ferientag mit seinem Vater verbringen. Fakt ist: Beim Thema Israel sollten Leser und Zuschauer besonders argwöhnisch sein, was ihnen die großen Medien vorsetzen.
Eine aktuelle Untersuchung der TU Berlin belegt, dass antisemitische Einstellungen in der intellektuellen Oberschicht Deutschlands besonders verbreitet seien. „Der moderne Antisemit kritisiert zwar Israel – allerdings ist es meistens keine wirklich politisch fundierte Kritik wie bei anderen Staaten“, sagte Monika Schwarz-Friesel, Professorin an der TU Berlin, dazu der Online-Zeitung Huffington Post. Es gehe vielmehr darum, die Existenzberechtigung des Staates und somit auch die der Juden in Frage zu stellen. (pro)
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