Deutsche Reporter seit 100 Tagen gefangen

Seit 100 Tagen befinden sich zwei deutsche Journalisten in iranischer Gefangenschaft. Sie waren im Oktober in das Land gereist, um den Sohn einer zum Tod durch Steinigung verurteilten Frau zu interviewen. Bundespräsident Wulff hat ihnen jetzt in einem Brief Mut zugesprochen.
Von PRO

Die beiden Reporter der Zeitung "Bild am Sonntag", Marcus Hellwig und Jens Koch, wurden am 10. Oktober 2010 in der iranischen Stadt Täbris verhaftet. Sie waren mit der Absicht in das Land gekommen, den Sohn und den Anwalt der zum Tod durch Steinigung verurteilten Sakineh Mohammadi-Aschtiani zu interviewen. Die Journalisten waren lediglich mit einem Touristenvisum und ohne offizielle Akkreditierung in den Iran eingereist. Die iranische Regierung warf den beiden Deutschen neben eines Verstoßes gegen die Visumbestimmungen zwischenzeitlich auch Spionage vor und hält sie seitdem gefangen.

Die Bundesregierung bemüht sich seit Monaten auf diplomatischen Wegen um eine Freilassung. Wie der "Spiegel" berichtet, äußerte Außenminister Westerwelle (FDP) gegenüber iranischen Vertretern mehrfach den "dringlichen Wunsch", dass die Reporter nach Deutschland zurückkehren dürften. Auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) forderte eine "schnellstmögliche Freilassung" und warnte den Iran, internationales Ansehen durch die Inhaftierung der Journalisten zu verlieren. Für den SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ist eine Freilassung der Reporter "nicht nur eine Frage der Pressefreiheit und der Menschenrechte, sondern auch ein Gebot der Humanität".

Am Wochenende sprach Bundespräsident Christian Wulff (CDU) den eingesperrten Reportern in persönlichen Briefen Mut zu. Das berichtet die "Deutsche Welle". Diplomaten hätten die Schreiben an die Inhaftierten im Gefängnis von Täbris übergeben.

Sakineh Mohammadi-Aschtiani wurde 2006 wegen Ehebruchs und des Mordes an ihrem Mann zum Tod durch Steinigung verurteilt. Nach internationalen Protesten wurde das Urteil zunächst in Tod durch Erhängen umgewandelt. Wie die Nachrichtenagentur "Reuters" am Montag berichtet, wurde auch dieses Urteil abgemildert: Nach Gnadengesuchen ihrer Kinder muss Aschtiani nun eine zehnjährige Freiheitsstrafe absitzen. Aschtiani selbst erklärte Anfang des Jahres im iranischen Fernsehen, die Reporter der "Bild am Sonntag" verklagen zu wollen, weil sie "Schande über mich und das Land gebracht haben". Beobachter vermuten, dass Aschtani zu dieser Aussage genötigt wurde.

Kampagne für die Pressefreiheit

Die Redaktion der "Bild am Sonntag" fordert seit Oktober vehement die Freilassung der Reporter. Chefredakteur Walter Mayer bezeichnete die Haft seiner Kollegen als "durch nichts zu rechtfertigen". Am 2. Januar 2011 forderten 100 bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport auf mehreren Sonderseiten in der "Bild am Sonntag" die umgehende Freilassung der Inhaftierten.

Verschiedene Verleger- und Journalistenverbände in Deutschland zeigen ihre Solidarität über eine Anzeigenkampagne: "Wahrheitssuche ist kein Verbrechen. Journalistische Neugier ist die Grundlage der Pressefreiheit" heißt es in der ganzseitigen Anzeige, die in mehreren Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt und unter anderem von Deutschen Journalistenverband und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger unterzeichnet wurde.

Der neue iranische Außenminister Ali Akbar Salehi versprach im "Spiegel", sie Gefangenen "fair" zu behandeln. Sein Ministerium arbeite daran, "Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die zu Verzögerungen und Schwierigkeiten führen könnten". (pro)

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