Die große Mehrheit der Deutschen fordert ein härteres Vorgehen gegen Meinungsmache in Form von Fake News oder Social Bots. Zwei Drittel der befragten Deutschen möchte Plattformbetreiber wie Facebook oder Twitter verpflichten, absichtlich verbreitete Falschmeldungen auf ihren Kanälen aktiv zu löschen.
Bei Social Bots befürworten 90 Prozent eine stärkere Reglementierung. 43 Prozent der 1.000 Befragten sprechen sich für ein gesetzliches Verbot aus. Social Bots verbreiten über soziale Netzwerke vermeintliche Nachrichten, um so die öffentliche Meinung zu manipulieren. „Viele Menschen sehen die Phänomene als ein Problem für unsere Demokratie“, sagte Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation des Wirtschaftsprüfers PwC in Deutschland. Allein deswegen müssten Politik, Plattformbetreiber und etablierte Medien diese Sorgen ernst nehmen.
Für 39 Prozent sind Social Bots Neuland
Laut der Studie wissen 50 Prozent der Deutschen über Fake News „relativ gut Beschied“. Weitere 34 Prozent meinen, sie wüssten zumindest „ungefähr, was sich dahinter verbirgt“. Nur sieben Prozent der Befragten hatte vor der Umfrage noch nichts davon gehört. Mit dem Ausdruck Social Bots können dagegen sehr viel weniger Menschen etwas anfangen. Lediglich 14 Prozent sagten, sie wüssten darüber „relativ gut Bescheid“, 22 Prozent gaben an, dass sie „ungefähr wissen, was sich dahinter verbirgt“. Dagegen meinten ein Viertel, sie würden Social Bots „nur dem Namen nach kennen“, während 39 Prozent den Begriff vor der Umfrage noch gar nicht gehört hatten.
53 Prozent der Befragten sehen die deutsche Politik in der Pflicht, um dies gesetzlich zu regeln. Vier von zehn Befragten finden, das Problem könne nur auf europäischer Ebene wirkungsvoll angegangen werden. Die Hälfte der Befragten sieht die Anbieter wie Facebook oder Twitter selbst in der Pflicht, den Betreibern von Social Bots das Handwerk zu legen. Mehrfachnennungen waren möglich.
Bei Tageszeitungen vermuten die Deutschen kaum Falschmeldungen
Fake News werden fast nur im Internet vermutet, obwohl diese auch über herkömmliche Kanäle verbreitet werden können. 79 Prozent verorten Fake News zu politischen Themen am ehesten bei Facebook. Zwei Drittel der Befragten nannten Twitter, Blogs kamen auf 60 Prozent und Online-Foren auf 55 Prozent. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen rechnen hingegen nur neun Prozent mit Falschmeldungen, bei kostenpflichtigen Tages- oder Wochenzeitungen sogar nur fünf Prozent.
Sieben von zehn Befragten informieren sich hauptsächlich durch die öffentlich-rechtlichen Sender zu politischen Ereignissen. Mehr als jeder Zweite greift für politische Informationen zur Tages- oder Wochenzeitung. Gut 60 Prozent sehen es der Umfrage zufolge in erster Line als Aufgabe von Zeitungen, Magazinen, Fernseh- oder Radiosendern, die Öffentlichkeit über Fake News und Social Bots aufzuklären. Nur knapp jeder Vierte nannte Plattformen wie Facebook, Twitter oder YouTube als Quelle für diese Nachrichten. Fast jeder Fünfte informiert sich direkt bei Parteien über deren Wahlprogramme, Broschüren, Newsletter oder Webseiten.
Die 18- bis 29-Jährigen informieren sich bei politischen Themen mit 57 Prozent ebenso häufig in sozialen Netzwerken wie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Im Vergleich zu internationalen Medien vertrauen die Deutschen vor allem ihren heimischen Titeln. PcW-Experte Ballhaus findet es „beunruhigend, dass manche Nutzer inzwischen völlig selbstverständlich davon ausgehen, im Internet auf absichtlich gestreute Falschmeldungen zu treffen“.
90 Prozent der Befragten wünschen sich eine Aufstockung der Redaktionen, um Wahrheitsgehalt von Informationen besser recherchieren zu können – wobei immerhin 26 Prozent sagen, sie seien auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. In die Umfrage integriert ist ein Leitfaden, wie Nutzer Fake News und Social Bots identifizieren können. Dazu können vor allem die Herkunft der Meldung und der Bilder geprüft werden.
Wenn Accounts mindestens 50 Tweets am Tag oder stets die gleiche Anzahl ausstoßen, seien dies in den meisten Fällen Social Bots. Das hat eine Studie der Universität Oxford ergeben. (pro)
Von: jw