Der verfolgten Kirche eine Zukunft geben

Das Hilfswerk "Open Doors" hat am Samstag eine weltweite Kampagne zur Unterstützung von christlichen Kindern in der Verfolgung gestartet. Gäste aus Kolumbien, Nordkorea und Ägypten berichteten, wie in ihren Heimatländern Jungen und Mädchen unter Schikanen gegen Christen zu leiden haben. Der "Open Doors Tag" im mittelhessischen Wetzlar stand unter dem Motto: "Zukunft geben - Kinder der verfolgten Kirche".
Von PRO

Leila leitet in Kolumbien das Kinderheim "El Hogar", das seit zehn Jahren traumatisierte Jungen und Mädchen aufnimmt. Man könne zusehen, wie sich das Leben der Kinder verändert, wenn sie in Sicherheit leben, sagte sie bei der Informationsveranstaltung. Das südamerikanische Land wird von der Drogenmafia und von Guerillas beherrscht, es gibt etwa 17.000 Kindersoldaten. Viele Christen werden wegen ihres Glaubens ermordet. Eines der Kinder in "El Hogar" ist Sofia, eine Pastorentochter. Als sie an einem Tag ihre Nachbarn besuchte, wurden ihre Eltern erschossen. Im Kinderheim hat sie die Glaubenskrise, die dadurch entstand, überwunden. Sie verstehe, dass Gott "ihr nicht wehtun wollte, sondern einen perfekten Plan hat". Den Mördern ihrer Eltern konnte sie vergeben. Sie gehört zum Lobpreisteam und möchte Missionarin werden. "El Hogar" hat bislang ungefähr 600 Kinder betreut und vielen eine neue Perspektive eröffnet.

Nordkoreanische Odyssee

Über ihre Erfahrungen in Nordkorea berichteten Lee und sein Sohn Timothy. Lees Familie feierte ihre Gottesdienste im Keller, um nicht von den Behörden des kommunistischen Regimes entdeckt zu werden. Gott zu loben oder zu beten ist in diesem Land nur im Flüsterton möglich. Vor einiger Zeit wurde seine Mutter nach einer Andacht vor Lees Augen mit Bambusspießen umgebracht. Die Sterbende betete um Rettung für ihr Land und ihr Volk. Sie rief: "Der Herr lebt und weiß, was hier geschieht." Danach wurden sein Vater und seine Brüder erschossen. Lee arbeitet mittlerweile als Pastor in Südkorea. Er glaubt fest an die Wiedervereinigung Koreas durch das Evangelium.

Sein Sohn Timothy studiert Zahnmedizin in Manchester. "Junge Menschen in Deutschland können sich wegen ihrer Zukunftsperspektiven glücklich schätzen", sagte der 21-Jährige bei der Veranstaltung in der Rittal-Arena. Als er acht Jahre alt war, flohen seine Eltern über China nach Südkorea. Er war mitten in einer Hungersnot auf sich allein gestellt und versuchte, sich auf der Straße durchzuschlagen. Zwei sehr gute Freunde verhungerten und starben in seinen Armen. Nach einigen Jahren schickte sein Vater einen Kurier, mit dessen Hilfe er über den Grenzfluss nach China floh. Dort scheiterte ein Fluchtversuch in die Mongolei, bei dem ein befreundeter Junge erschossen wurde. Timothy kam ins Gefängnis und wurde nach Nordkorea abgeschoben. Er wagte ein zweites Mal die Flucht und wurde in China erneut inhaftiert. Im Gefängnis begegnete er amerikanischen Christen, las aus Langeweile die Bibel und kam zum Glauben. Er wurde später befreit und gelangte schließlich nach Südkorea.

Als Kind habe er Filme gesehen, in denen die Bibel als "etwas Teuflisches" verunglimpft wurde, teilte er mit. Deshalb schreckte er lange vor der Lektüre der Heiligen Schrift zurück. Timothy erzählte auch von seinem Schock, als er auf einem chinesischen Marktplatz entdeckte, dass Nordkorea offenbar doch nicht das "beste und schönste Land der Welt" ist. Damals, nach seinem ersten Fluchtversuch, wurde ihm erstmals deutlich, auf welchen Lügen sein Weltbild basierte. Wenn er die Ausbildung beendet hat, will er als Zahnarzt armen Menschen helfen. Zudem träumt er davon, elf Waisenkinder aufzunehmen. "Wenn ich die Kinder in England sehe, beschämt mich das, weil es mich daran erinnert, dass in Nordkorea immer noch Kinder verhungern müssen."

Ägypten: Viele Teilnehmer beim Kinderbibelprogramm

Ein Projekt aus Ägypten stellte Victor vor. Er hatte entdeckt, dass Kinder ägyptischer Christen oftmals den Glauben ihrer Eltern nicht mehr kennen. Eie Ursache liegt darin, dass sie inder Schule Teile des Korans auswendiglernen müssen und "einer Gehirnwäsche unterzogen" werden. Außerdem werden Jungen und Mädchen von ihren Mitschülern schikaniert, wenn sie sich zu ihrem christlichen Glauben bekennen. Viele Jungen und Mädchen leiden unter Alpträumen und anderen Trauma-Symptomen.

Er fragte sich, wie diese Generation die Kirche der Zukunft bauen sollte. Deshalb entwickelte er mit seiner Ehefrau das zehntägige Kinderbibelprogramm "Children for Christ" (Kinder für Christus, C4C). Im ersten Jahr, 2001, beteten sie um 3.000 Teilnehmer – und konnten sich am Ende über 7.000 freuen. Seitdem sei die Zahl stetig gestiegen. Im Jahr 2010 haben 200.000 Kinder und Jugendliche die Bibeltage besucht. Einige der ersten Teilnehmer sind inzwischen zu Mitarbeitern geworden. Mittlerweile nutzen auch Christen in anderen Ländern das Material aus Ägypten.

Victor hatte als Kind selbst Verfolgung erfahren: Er lebte in einer Wohnung, die sich direkt über einer Kirche befand. Als Islamisten die Christen und Gotteshäuser in dem Dorf angriffen, bat sein Vater Gott um Schutz für die Familie. Die Muslime warfen Brandbomben, doch plötzlich rannten sie davon. Nachbarn erzählten später, die Angreifer hätten eine Polizeisirene gehört. "Aber die Polizisten saßen in der Wache und taten nichts. Gott hatte uns beschützt. Es war eine himmlische Sirene."

Im vergangenen Jahr ging es bei "C4C" um das Gebet. Die Jungen und Mädchen beteten auch für ihr Heimatland. Victor ist davon überzeugt, dass dieses intensive Gebet mit zu der Revolution in Ägypten beigetragen hat. Er forderte die Christen in Deutschland auf: "Unterschätzt euere Gebete nicht!"

Für Kinder der verfolgten Kirche beten

Der Leiter von "Open Doors" in Deutschland, Markus Rode, wies darauf hin, dass in vielen Ländern mit einer starken Christenverfolgung 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung jünger als 14 Jahre seien. Die Kinder seien die Zukunft der Gemeinde Jesu in der Verfolgung. Sie würden diskriminiert, ausgegrenzt und verhöhnt, seien aber doch Königskinder. Jeder Christ in der freien Welt habe als Familienmitglied des Leibes Christi die Aufgabe, schwache Mitglieder zu stärken. Mit der weltweiten Kinderkampagne "Zukunft geben" sollen Christen ermutigt werden, speziell für die Kinder der verfolgten Kirche zu beten. Sie sollten "die Arme Jesu sein, die die Kinder umarmen".

Von Wetzlar aus wurde die Veranstaltung live nach Bremen, Chemnitz, Schorndorf bei Stuttgart und München übertragen. An den fünf Orten nahmen insgesamt 1.500 Besucher daran teil. Sie beteten für die Christen in den drei Ländern. Unter den Gästen waren auch 190 Kinder. Diese gestalteten zwei lange Papierrollen mit persönlichen Bildern, die sie als Gruß für die Kinder in Kolumbien und Ägypten an Leila und Victor übergaben.

Der nächste "Open Doors Tag" ist am 12. Mai 2012 in Wetzlar.

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