Meinung

Der Staat braucht Christen

Mit einer freiheitlichen Gesellschaft ist nur Staat zu machen, wenn Menschen bereit sind, mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen. Christen haben hierbei etwas Besonderes einzubringen.
Von Jonathan Steinert
Nächstenliebe, Christ, Gesellschaft

Der freiheitliche Staat lebt von Voraussetzungen, die er selber nicht garantieren kann. Diese Formulierung hat der Staatsrechtler und Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde (1930–2019) in den 1960er Jahren geprägt.

Im Kern ging es ihm dabei um die Frage, wie ein Staat funktionieren kann, wenn er seinen Bürgern Freiheit gewährt. Zum Beispiel die Freiheit, einer beliebigen oder auch keiner Religion anzugehören statt einer Staatsreligion, wie es in früheren Jahrhunderten der Fall war.

Als Böckenförde dies formulierte, richtete er sich auch an Christen. Denn er wusste: So etwas wie der Glaube verbindet und stabilisiert eine Gemeinschaft. Das kann ein Staat, der seinen Bürgern Freiheit über ihre Lebensführung lässt, nicht verordnen oder erzwingen. Daher warb Böckenförde darum, dass Christen den säkularen Staat nicht ablehnen, sondern sich einbringen, zum Zusammenhalt betragen und somit auch helfen, die Freiheit zu erhalten.

In dieser Woche haben die CDU-Politiker Serap Güler und Wolfgang Schäuble in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ihre Sorgen um das „Böckenförde-Diktum“ geäußert. Die Voraussetzungen, von denen der Staat lebt, ohne sie garantieren zu können, wackeln: die Bereitschaft der Bürger, sich einzusetzen, zu dienen (nicht nur militärisch) und auch unterschiedliche Interessen und Überzeugungen auszuhalten und auszuhandeln.

Deshalb unterstützen sie unter anderem ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, wie es vor Kurzem schon einmal Bundespräsident Steinmeier vorgeschlagen hatte. Wenn die Menschen kein Bewusstsein mehr für ihre bürgerlichen Pflichten haben, müsse der Staat ihnen etwas auf die Sprünge helfen in Sachen Solidarität und Verantwortung.

Einbringen mit Herz und Verstand

Die christlichen Kirchen und Gemeinden erleben seit einigen Jahren ebenfalls, dass ihre Bindungskräfte schwinden und sich ihre Mitglieder zurückziehen. Dabei ist Gemeinde mehr als die Summe ihrer Mitglieder. Sie ist keine Konsumveranstaltung. Gemeinde, Kirche im weiteren Sinne, sind die Menschen, die ihren Glauben und damit einen Teil ihres Lebens teilen. Das gilt auch, wenn Kirchen als Institutionen kleiner werden. Der Glaube an Jesus verbindet. Er begründet Hoffnung für die Welt. Und er setzt Menschen in Bewegung.

Deshalb ist die Diagnose, die Schäuble und Güler aufstellen, auch ein Aufruf an Christen im Sinne von Böckenförde: Nutzt eure Freiheit in diesem Staat, um eure besonderen Gaben einzubringen.

Vor wenigen Tagen erschien das Buch „Hoffnungsmensch“, geschrieben vom Gnadauer Präses Steffen Kern. Darin bringt er genau das auf den Punkt: Christen als „Hoffnungsmenschen wissen um den Herrn, der kommt, also um einen letzten Verantwortungshorizont. Ihnen ist zutiefst bewusst, dass der Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht geschaffen hat. In diesem Bewusstsein engagieren sie sich – mit Herz, mit Verstand und in Verantwortung.“

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen