Was nach einem Vorgang klingt, wie er in Deutschland nahezu täglich passiert – Verbände zeichnen Organisationen für ihre Wohltätigkeit aus – ist im Fall von Gaby Wentland und dem BDZV alles andere als selbstverständlich. Denn kurz nach Bekanntwerden des Preisträgers brach im vergangenen Herbst ein mediales Kreuzfeuer auf Wentland los. Dass die Zeitungsverleger dennoch an Wentland festhielten, markiert eine neue deutsche Sicht auf das Thema Prostitution.
NDR, taz, Spiegel Online und diverse Hamburger Medien kritisierten Mission Freedom dafür, dass die Vorsitzende zum Beispiel dem Evangelisten Reinhard Bonnke nahe steht. Die Presse witterte eine Vermischung von Mission und Sozialarbeit. Es fanden sich Zeugen, die erlebt haben wollten, wie Mission Freedom Frauen mit christlicher Musik quasi zwangsbeschallt und zudem Ausgehverbote erteilt habe. Eine linke Politikerin warf Wentland vor, Opfer von Zwangsprostitution unnötig in Gefahr gebracht zu haben, weil sie deren Schicksal veröffentlichte, andere Organisationen verweigerten dem Verein ganz die Zusammenarbeit und berichteten davon in der Presse.
Derweil hat Gaby Wentland unter anderem in einem Interview mit pro zu allen Vorwürfen breit Stellung bezogen. Sie stelle den Frauen, die bei ihr Hilfe suchten, frei, welcher Religion sie anhängen wollten. Wenn sie Opferschicksale öffentlich gemacht habe, sei das auf ausdrücklichen Wunsch der entsprechenden Personen hin geschehen, sie würde dies dennoch nicht wieder tun. Es gebe ein Zerwürfnis mit dem LKA, weil dieses behauptet habe, in Hamburg existierten keine minderjährigen Zwangsprostituierten. Ob Wentland die gegen sie vorgebrachten Vorwürfe damit gänzlich entkräftet, mag nun jeder Leser für sich entscheiden. Fakt ist aber: Der Bundesverband der Zeitungsverleger hat sich von der eigenen Branche nicht verschrecken lassen. Er hat am Preisträger festgehalten.