Der Schnulzenpfarrer

Er ist Autor bekannter christlicher Bücher und Medienfachmann. Vor allem aber war er Experte für Schlagermusik. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung porträtiert den evangelischen Pastor Günter Hegele, der in den 50er Jahren die Schlagermusik mit christlichen Inhalten infiltrieren wollte.
Von PRO
Die FAZ porträtiert den evangelischen Pator und ehemaligen Schlager-Experten Günter Hegele

Günter Hegele war Studentenpfarrer, Tagungsleiter der Evangelischen Akademie Tutzing und bis 1991 Professor für Praktische Theologie an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum. Der 85-Jährige blickt für die FAZ auf ein Leben mitten in den Medien zurück. Der Pfarrer, der die „Pop-Theologie“ begründete, sei „als experimentierfreudiger Veränderer in seiner Kirche aufgetreten“, schreibt die Zeitung.
„Er verfasste nicht nur Standardwerke für Christen, sondern half auch als Jury-Mitglied 1961 dabei, Conny Froboess‘ ‚kleiner Italiener‘ bei den Schlagerfestspielen in Baden-Baden auf Platz eins zu hieven.“ Auch an Wencke Myhres Sieg mit „Beiß nicht gleich in jeden Apfel“ 1966 sei er beteiligt. Er habe versucht, „christliche Wertmaßstäbe in der Nachkriegs-Schlagerwelt aufzurichten“. Dafür rief er Lieder-Preisausschreiben aus und brachte eine evangelische Platten-Postille heraus. Das machte ihn als „Schnulzenpfarrer“ bekannt.

Einsatz für religiöse Schlagermusik

Hegele organisierte Tagungen zu „Kirche und Sport“ oder zum „Menschenbild der ‚Bild‘-Zeitung“. Schließlich bemühte er sich unter dem Begriff „Schlager-Seelsorge“ um religiöse Schlagermusik in Deutschland, was in den USA bereits ein bekanntes Genre war. 1958 ließ er Vertreter der Unterhaltungsbranche, Texter wie Ralph Maria Siegel und Fred Rauch, mit Kirchenvertretern diskutieren.
Ab 1959 gab Hegele die Zeitschrift „Der Plattenteller“ heraus. In der ersten Ausgabe druckte er eine programmatische Erklärung ab: „Der Schlager ist zu einer geistigen Weltmacht geworden, dem nahezu 80% der Bevölkerung (und nicht nur Teenager) mehr oder weniger enthusiastisch Gefolgschaft leisten. Der Schlager spricht tiefere Schichten im Menschen an: die Einsamkeit, die Sehnsucht nach Liebe, nach Heimat, Freude und Gefühl, nach Geheimnis, Trost und irrationalen Inhalten“.
Die Tutzinger Akademie schrieb einen jährlichen Wettbewerb für „Neue geistliche Lieder“ aus. Der erste Siegertitel war 1961 „Danke für diesen guten Morgen“. 1967 wurde Hegele Leiter des Hackhause Hofes, einer Jugendbildungsstätte in Solingen. Bedingung für diesen Job war, dass Hegele mit seiner Schlager-Tätigkeit aufhören musste. Hegele betrieb in Solingen Medienausbildung für ehrenamtliche Mitarbeiter und veröffentlichte Bücher wie „Grundwissen für Christen“, „Argumente zum Glauben“ und „Jesus, Programm des Glaubens“. Letztere Schrift wurde ihm 1976 für seine Professur in Bochum als promotionsadäquate Leistung anerkannt.
Auf die Frage des FAZ-Journalisten, ob heutige Jung-Pastoren Poetry Slams, die Graffitisprayer-Szene oder das Dschungelcamp infiltrieren sollten, antwortet Hegele: „Es müssten natürlich Pfarrer sein, die im falschen Leben das Richtige tun.“ Auch heute noch verfolgt Hegele die Medienlandschaft. Er hat eine eigene Webseite, ist bei Facebook und beteiligt sich in Internet-Foren. (pro)

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