„Der Kommunismus fußt auf einem falschen Menschenbild“

Christ sein in China – das ist oft alles andere als einfach. "Spiegel Online" berichtet in einer Reportage über ein junges Ehepaar, das im Reich der Mitte zum Glauben an Jesus fand. Sie wollen sich von den Behörden nicht einschüchtern lassen.
Von PRO

Der Innenarchitekt Tianran kam durch seine spätere Ehefrau Xiu zum Glauben an den christlichen Gott, schildert "Spiegel Online"-Autorin Sophia Lee die Glaubens-Biografie des 36-Jährigen. Als er sich in die Christin verliebte, begleitete er sie regelmäßig zu Gottesdiensten. Dort habe er beobachtet, wie herzlich die Menschen miteinander umgingen. Einige Monate vor seiner Hochzeit ließ er sich taufen.

Xiu fasste diesen Entschluss schon in einer etwas früheren Lebensphase. Doch zunächst wurde sie im Alter von 18 Jahren eingeladen, Mitglied der kommunistischen Partei zu werden. Woche für Woche musste sie dort Vorträgen über die kommunistische Ideologie anhören, derer sie bald überdrüssig wurde. Mit 31 Jahren sagt sie heute: "Die Kommunisten glauben, dass der Mensch von Natur aus gut ist. Dass er nur hart arbeiten muss, um seine Lebensziele zu erreichen und dann glücklich ist." In der chinesischen Realität, die sie erlebe, sei das aber ganz anders – die Menschen sehnten sich nach immer mehr Besitztümern. "Die Lehre des Kommunismus fußt auf einem falschen Menschenbild."

Bei einem ihrer ersten Kirchenbesuche hörte Xiu von einem ganz anderen Menschenbild: "Der Mensch ist von Natur aus schlecht", habe der Pastor gesagt, "Er muss von Gott gerettet werden." Die junge Frau habe darüber nachgedacht und begonnen, Gott im Gebet zu suchen.

Staatliche Schikane beim Gottesdienst

Das Christentum, heißt es in dem Artikel weiter, erlebe in China heute einen "enormen Zulauf". Als Mao 1949 die Volksrepublik ausrief, hätten sich etwa eine Million Chinesen zum Christentum bekannt. Heute gingen Schätzungen von mehr als 100 Millionen Gläubigen aus. Ihre Situation ist oft nicht einfach. Tianran und Xiu gehören in ihrer nicht näher benannten Heimatstadt einer Gemeinde an, die sich im neunten Stockwerk eines Bürogebäudes befindet. Kürzlich sei ein Polizist dort vorbeigekommen und habe aufdringliche Fragen gestellt. Xiu will sich davon nicht einschüchtern lassen: Sollte sie verhaftet werden, so sei dies Gottes Wille, und er werde auch eine Lösung aufzeigen.

Obwohl die chinesische Verfassung eigentlich Religionsfreiheit garantiert, so "Spiegel Online", könnten sich viele Gemeinden nur heimlich treffen – allein in Peking in etwa 3.000 Untergrundkirchen. Manche Christen trauten sich aber an die Öffentlichkeit, zum Beispiel die Shouwang-Kirche, die regelmäßig versucht, auf einem öffentlichen Platz in Peking Freiluft-Gottesdienste abzuhalten. Meist würden diese Christen für eine Nacht ins Gefängnis gesteckt – dann finde der Gottesdienst eben dort statt.

Europäische Evangelische Allianz: Europa säkularisiert sich

Während das Christentum in China also stark wächst, säkularisiert sich Europa immer weiter – zumindest nach  Einschätzung von Christel Ngnambi, dem Vertreter der Europäischen Evangelischen Allianz (EEA) in Brüssel. Glaube und Religion gehörten nicht nur in Kirchen und Wohnzimmer, sondern in den öffentlichen Raum: "Eliten und Meinungsmacher wollen die Religionsfreiheit als Kultusfreiheit neu definieren: Gläubige sollen sich damit begnügen, dass sie ihren Gottesdienst in der Kirche oder ihrem Haus halten können", erklärte er. "Dabei geht die Auffassung verloren, dass wir nicht nur frei sind, etwas zu glauben, sondern uns auch entsprechend verhalten und den Glauben öffentlich zum Ausdruck bringen können."

Zu den Aufgaben des in Kamerun geborenen Politikwissenschaftlers Ngnambi gehört es, "aus evangelischer Sicht" die Diskussionen und Beschlüsse der Europäischen Union zu beobachten, sagte er gegenüber dem Nachrichtenportal "livenet.ch". Gemeinsam mit anderen Dachverbänden setzt sich die EEA unter anderem für Menschenrechte und Religionsfreiheit ein: "Wir Evangelikalen sprechen mit einer Stimme, obwohl die Spanne der Kulturen zwischen Island und Kasachstan sehr gross ist." (pro)

http://www.spiegel.de/panorama/china-christen-muessen-ihre-treffen-geheim-organisieren-a-865342.html
http://www.jesus.ch/magazin/gesellschaft/christen_in_der_gesellschaft/230124-europa_ist_daran_sich_selbst_zu_verlieren.html
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