„Der Islamismus hat ausgedient“

Reformen innerhalb der muslimischen Theologie hat die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher gefordert. Gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft, Kultur und Politik diskutierte sie am Donnerstag in Berlin über die Entwicklungen in der islamischen Welt. Schirrmacher mahnte: Selbst unter Mainstream-Theologen seien Gewaltstrafen, wie sie die Scharia vorschreibe, noch gang und gäbe.

Von PRO

Das "Berlin Forum for Progressive Muslims", ausgerichtet von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, bietet Denkern, die sich auch kritisch mit dem Islam auseinandersetzen, regelmäßig ein Forum, um ihre Gedanken "offen und kontrovers" zu diskutieren, wie Reinhard Weil, Leiter der Abteilung "Politische Akademie" der Ebert-Stiftung, zur Einführung in das Thema erklärte. So forderte Christine Schirrmacher, die wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Islamfragen der Deutschen Evangelischen Allianz, einen kritischeren Umgang mit den Quellen des Islam.

Die Wurzeln des Politischen Islam liegen ihrer Meinung nach im Umgang mit Koran und Sunna und nicht im Koran selbst. "Jeder Text, der 1.400 Jahre alt ist, muss interpretiert werden", sagte sie. Die Auslegung des muslimischen Glaubensbuchs folge nach wie vor den Vorgaben aus der Anfangszeit des Islam. Damals sei der Religionsführer Mohammed Verkünder, Gesetzgeber und Heerführer zugleich gewesen. Daher gelte die Scharia noch heute als untrennbar mit dem Koran verknüpft, selbst im Mainstream der islamischen Theologen, obwohl der Koran selbst nichts über die Tötung von Apostaten oder die Steinigung von Ehebrechern aussage. Die Überlieferungen aus dem Leben Mohammeds stünden auch heute noch in Zweifelsfällen über dem Korantext. Daher werde der Dschihad als Kampf gedeutet. Deshalb sei es Juden und Christen in islamischen Ländern nicht erlaubt, sich frei über ihren Glauben zu äußern.

"Auseinandersetzung hat nicht nicht einmal begonnen"

"Die Methode der Auslegung muss sich ändern", forderte Schirrmacher deshalb. Ein Recht, das aus den Anfangszeiten des Islam stamme, müsse in einer modernen Gesellschaft zwangsläufig Probleme verursachen. Sollte es nicht zu einer Versöhnung zwischen der klassischen Theologie und den progressiven Denkern im Islam kommen, "müssen sich die Menschen immer zwischen Ideologie und Freiheit entscheiden", sagte sie. So erinnerte Schirrmacher an den "langen und schmerzhaften Prozess", durch den die Kirchen in Europa in die Moderne eingetreten seien. "Eine geistesgeschichtliche Auseinandersetzung ist im Nahen Osten dringend nötig und sie hat meines Erachtens noch nicht einmal begonnen", erklärte die Wissenschaftlerin.

"Der Islamismus hat ausgedient", ist sich Schirrmacher sicher. Er sei totalitär. Die Scharia sei noch niemals in Gänze durchgesetzt worden, er habe also noch nie funktioniert. Der Islamismus versklave, weil er die Gott gegebene Gleichheit abschaffe und Minderheiten und Andersdenkende ins Abseits dränge. "Eine Auseinandersetzung mit dem Islamismus ist dringend nötig", schloss Schirrmacher. (pro)

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