„Der Islam bedeutet Stress, das Christentum Ruhe“

Mehr als 60 Iraner besuchen regelmäßig einen protestantischen Gottesdienst in Berlin. Die "Welt am Sonntag" berichtet in einer ausführlichen Reportage über die Konvertiten, denen in der Heimat die Todesstrafe droht.
Von PRO

Durch die Iraner, die in Berlin zum Teil in einem Asylbewerberheim leben, ist die Zahl der Gottesdienstbesucher im "Haus Gotteshilfe" in Berlin-Neukölln deutlich gestiegen. Die Gemeinde gehört nach eigenen Angaben der Landeskirchlichen Gemeinschaft innerhalb der Evangelischen Kirche an. 32 Iraner wurden bereits von Schwester Rosemarie getauft. Vor fünf Jahren zog die im Siegerland geborene protestantische Ordensschwester als Predigerin und Seelsorgerin in die Hauptstadt – mit 68 Jahren. Zuvor hatte sie im Diakonissen-Mutterhaus "Hebron" in Marburg gedient. In ihrem Viertel, so schreibt "Welt"-Autor Thomas Vitzthum, "gibt es das Christentum nicht mehr". Der Stadtteil sei muslimisch, nur Menschen jenseits der 70 glaubten noch an den christlichen Gott.

Anhand von Einzelschicksalen erklärt der Autor, welche Gefahren den Konvertiten aus dem Iran in ihrem Heimatland drohen. So schildert er den Fall der jungen Somayeh, die ohne das Wissen ihrer Familie im Iran Christin wurde. Als die Polizei von der Sache Wind bekam und bei einer Durchsuchung eine Bibel in ihrem Zimmer fand, verhalf ihr der Vater zur Flucht nach Deutschland. Obwohl die Familie ihren Glauben ablehnt, will sie wieder zurück: "Dafür bete ich", sagt die Studentin.

Morddrohungen aus der eigenen Familie

Auf ähnliche Unterstützung durch seine Angehörigen kann ein Mann namens Michael nicht zählen. Der Fotograf, der mit seiner Taufe einen neuen Namen annahm, erzählt, dass er im Iran zum Christentum übergetreten sei. "Hätte mein Vater das gewusst, er hätte mich getötet." Bis heute weiß die Familie nichts vom neuen Glauben ihres Sohnes. Michael lebt seit drei Jahren in Deutschland, doch weil sein Asylantrag noch immer nicht angenommen wurde, darf er weder arbeiten, noch Berlin verlassen. Für seine Termine beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge packt er eine Bibel und seine Taufurkunde ein. "Ich hatte sogar Bibelzitate auswendig gelernt", erzählt er nach einem Gespräch. "Aber die wollten sie nicht hören." Viele der Asylbewerber haben im Bibelkreis Deutsch gelernt. Ihr Glaube ist aufrichtig, meint Schwester Rosemarie: Sie taufe niemanden, bei dem sie sich nicht sicher sei, dass er dem Islam abgeschworen habe. "Die meisten haben sich schon im Iran bekehrt, sie waren gut situiert, sie hatten ein Leben. Sie haben das für Christus aufgegeben."

Einen Wunsch, so berichtet die "Welt am Sonntag", hätten die zum Christentum konvertierten Ex-Muslime gemeinsam: Ruhe. "Der Islam bedeutet Stress, das Christentum Ruhe", findet Michael.  Somayeh erklärt: "Ich will als Frau etwas zählen, Ruhe haben, das geht im Islam nicht." Und der erst 22-jährige David ergänzt: "Die Christen sind ruhiger."

Schwester Rosemarie sieht noch einen langen Weg vor ihren Schützlingen. "Wenn das Regime im Iran stürzt", sagt sie nach einer Predigt, "dann werden sie in ihre Heimat zurückkehren. Das hier ist eine Notlösung. Sie werden dann zu Missionaren in ihrem Land." (pro)

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