Der Herr der Heerscharen

Das Heil den Armen nahezubringen ist der Gründungsgedanke der Heilsarmee. Ihr Gründer, William Booth, verstand es, die Massen für den Glauben und für sein Sozialprogramm zu gewinnen. Heute ist die Organisation in 125 Ländern aktiv. Vor 100 Jahren, am 20. August 1912, ist Booth gestorben.
Von PRO

Am Anfang stand die Demokratisierung des Glaubens: William Booth, Pfandleiher aus Nottingham, widmete seine knappe Freizeit der Evangelisation, besonders unter den Armen und Verwahrlosten der Stadt. Armut kannte der 1829 geborene Sohn eines Bauunternehmers aus eigener Anschauung, sein Vater tätigte einige Fehlinvestitionen, Booth wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Vielleicht rührt daher sein Einsatz für die Sache der Armen und Benachteiligten.

Ein Versprechen mit Folgen

Religiös erzogen wurde er indes nicht. Der frühe Tod seines Vaters war vermutlich der Anlass für den jungen Booth, sich über Gott Gedanken zu machen. Er besuchte die Methodistengemeinde vor Ort, und fing an, den christlichen Glauben ernst zu nehmen: "Gott soll alles von William Booth haben", sagte er sich als 15-Jähriger.

Seinen Glauben verband er mit der Evangelisation in heruntergekommenen Vierteln seiner Stadt. Das Gesindel brachte er mit in die Gottesdienste, was beim kirchlichen Establishment nicht gut ankam. In London, wohin ihn die Arbeitssuche führte und wo er inzwischen auch hauptberuflich Pastor geworden war, verbot ihm die Leitung des Methodistenbundes 1861 gar die Evangelisation. Seither zog er mit seiner Frau Catherine als selbstständiger Prediger durch England – und sprach nicht nur in Kirchen und Kapellen, sondern auch in Theatern und auf der Straße.

Auch andere christliche Gruppen kümmerten sich damals um die Verwahrlosten in der englischen Industriegesellschaft. Eine davon, die im Londoner Osten tätig war, suchte einen Leiter und Prediger – und fand ihn in Booth. Am 2. Juli 1865 predigte er im Rahmen ihrer Zeltmission als Ersatz für einen ausgefallenen Prediger. Der Tag gilt als Gründungdatum der Heilsarmee.

Doch weder nannte sich die Gruppe um Booth schon "Heilsarmee" ("Salvation Army"), noch wollte Booth ein eigenes Gemeindewerk aufbauen. Dazu kam es erst, als die Menschen, die er erreichte und in die umliegenden Kirchen schickte, enttäuscht zurückkamen. Das veranlasste Booth, eigene Gemeindestrukturen aufzubauen, so dass die Menschen im Glauben weitergeführt und weiter unterrichtet werden konnten.

Ein Heer an Mitarbeitern

Das Netzwerk wuchs, zunächst in London und dann in ganz England. Der Erfolg hatte Methode: die "Christliche Mission", wie man sich nannte, gefiel mit munteren Aktionen, flotten Liedern und verständlichen Predigten. Kreativität war gefragt, für die Umsetzung neuer Ideen kannte Booth zwei Kriterien: Sie mussten biblisch sein und funktionieren. Ein Heer an Mitarbeitern engagierte sich, denn ohne Unterschied galten alle Christen als Evangelisten und durften erzählen, inwiefern Gott in ihrem Leben einen Unterschied gemacht hat.

Der Begriff "Heilsarmee" kam 1878 auf. Als William Booth sein Missionswerk als Freiwilligenarmee ("volunteer army") beschrieb, meinte Booths Sohn Bramwell, dieser Begriff entspreche nicht seinem Pflichtgefühl, gegen Armut und Sünde zu kämpfen. William Booth ersetzte kurzerhand "volunteer" durch "salvation". Nach und nach verfestigte sich dann auch die Vorstellung von einer Truppe, die gegen das Böse ankämpft. Mitglieder hießen nun Soldaten, Missionsleiter galten als Offiziere, man trug fortan Uniform und zeigte Fahnen, die Gemeinden nannten sich Korps.

Gesellschaftliche Wirkung

Rund 1.000 Korps gab es in England schon bald nach der Umbenennung, und sie waren ein gesellschaftsverändernder Faktor: Jeder kannte jemanden, dem die Heilsarmee geholfen hatte. Booth setzte sich für den Schutz von minderjährigen Prostituierten ein oder für bessere Arbeitsbedingungen. 1890 legt Booth mit "In Darkest England and the Way Out" eine Studie über Armut mit einem Sozialplan, "um den versunkenen zehn Prozent der Bevölkerung" zu helfen. Die Schrift wurde zum Verkaufsschlager.

Die Studie erschien nur wenige Wochen nachdem seine Frau Catherine an Krebs gestorben war. Catherine war Booths Mitstreiterin: die gebildete Frau setzte sich für die theologische Bildung ihres Mannes ein, half ihm, Widerstände zu überwinden und predigte auch selbst – in den Augen mancher Zeitgenossen sogar besser als Booth. Sie verfasste auch theologische Abhandlungen, in denen sie sich mit biblischer Argumentation für Frauenrechte stark machte.

Ebenso wie Catherine verkehrte William mit Politikern höchsten Ranges und setzte sich bei ihnen für die Belange unterer Gesellschaftsschichten ein. Am 20. August 1912 verstarb er im Alter von 83 Jahren. Zu seinem Begräbnis säumten die Londoner die Straßen des Trauerzugs, zu seiner Beerdigung kamen 40.000 Menschen.

Heute ist die Heilsarmee in 125 Ländern in vielfältiger Weise aktiv: Sie unterhält Krankenhäuser, Obdachlosenheime, Schulen und ist im Katastrophendienst tätig. Der Bewegung gehören heute drei Millionen Mitglieder an, weltweit zählt sie 15.765 Korps.

Trotz allem Eifer für die Verbesserung der sozialen Situation der Menschen sah Booth darin nie einen Endzweck, sondern ein Mittel, Menschen auf das Kreuzesgeschehen aufmerksam zu machen. In seiner Schrift von 1890 jedenfalls schrieb er: "Meine einzige Hoffnung für die Erlösung der Menschheit aus dem Elend, sei es in dieser Welt oder in der zukünftigen, ist die Erneuerung oder Wiederherstellung des Einzelnen durch die Kraft des Heiligen Geistes durch Jesus Christus." (pro)

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